Notariat
Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung: Der Gang zum Notar ist sinnvoll, Millionen Verfügungen und Vollmachten sind wirkungslos
Wenn Sie irgendwann nicht mehr selbst entscheiden können, entlasten Sie mit einer entsprechenden Vorsorgevollmacht oder einer Betreuungs- und Patientenverfügung ihre nahen Angehörigen und Vertrauten und stärken gleichsam damit auch das eigene Selbstbestimmungsrecht. Sie stellen dann sicher, dass die von Ihnen ausgewählten Menschen Ihre Wahlentscheidungen über Ihre medizinische Behandlung, aber auch über Ihre Finanzen und Unterbringung treffen. Sie vermeiden damit im konkreten Fall, dass eine Betreuung angeordnet wird und insbesondere ein Bevollmächtigter den gesetzlichen Beschränkungen eines Betreuers unterliegt. Sie stellen sicher, dass das Gericht nicht einen Betreuer einsetzt, den sich der Betreute überhaupt nicht wünscht. Kurzum: Es macht Sinn, diese Dinge des täglichen Lebens dann zu treffen, wenn man selbst persönlich dazu noch in der Lage ist.
Vorsorgevollmacht
Die Vorsorgevollmacht ist eigentlich das wichtigste Instrument für einen Menschen Ihres Vertrauens. Sie können vereinbaren, dass diese erst gilt, wenn eine Notsituation eingetreten ist. Sie können damit die eigene Zukunft selbst gestalten und zwar auch für den Fall, dass man persönlich nicht mehr in der Lage ist, eigene Entscheidungen zu treffen. Eine oft kostenträchtige Betreuung wird damit hinfällig. Anders als der Betreuer wird der Bevollmächtigte nicht vom Vormundschaftsgericht überwacht. Die Vorsorgevollmacht kann sich auf alle Bereiche beziehen, in denen etwas zu regeln gilt. Es können aber auch Teile dieser Bereiche ausgeklammert werden. Sie ist jederzeit widerrufbar, wobei im Fall des Widerrufs Sorge getragen werden muss, dass die Originalurkunde wieder an den Vollmachtgeber herausgegeben wird. Denn im Außenverhältnis ist die Vollmacht unbeschränkt gültig.
Patientenverfügung
Mit einer Patientenverfügung kann sinnvollerweise eine Vorsorgevollmacht ergänzt werden. Denn es kann auch der Fall auftreten, dass Sie nicht mehr in der Lage sind, über eine medizinische Behandlung oder einen ärztlichen Eingriff zu entscheiden. Im Wege der Vorsorge können Sie mit der Patientenverfügung Bestimmungen für spätere ärztliche Behandlungen treffen und so ihr Selbstbestimmungsrecht wahren. Sie können aufschreiben, konkret welche lebenserhaltenden Maßnahmen Sie wünschen und welche Sie ablehnen.
Betreuungsverfügung
Durch eine Betreuungsverfügung wird die gerichtliche Einschaltung nicht vermieden. Es kann jedoch Einfluss genommen werden auf die durch ein Gericht anzuordenden Betreuungsmaßnahmen und die Person des Betreuers. Den Umfang der Befugnis des Betreuers bestimmt allerdings das Gericht. Der wesentliche Unterschied zum Vorsorgebevollmächtigten ist eigentlich der, dass der Betreuer den gesetzlichen Beschränkungen und der gerichtlichen Überwachung unterliegt. Die Betreuungsverfügung spielt deshalb in der Praxis eine untergeordnete Rolle.
Wichtig ist die notarielle Form der Vorsorgevollmacht
Vollmachten können formfrei errichtet werden. Ein Notartermin, eine Beglaubigung oder Beurkundung der Vorsorgevollmacht ist nicht vorgeschrieben. Allerdings bringt die Schriftform und insbesondere die notarielle Form erhebliche Vorteile, auf die eigentlich nicht verzichtet werden kann. Die beurkundete Vollmacht ist u. a. Voraussetzung dafür, dass ein Bevollmächtigter für den Vollmachtgeber einen Kredit aufnehmen kann und darf. Dies ist ggfls. relevant, wenn ein Umzug bevorsteht oder eine barrierefreie Wohnung errichtet oder ein Pflegeheimplatz finanziert werden muss. Eine notarielle Urkunde akzeptieren die Banken uneingeschränkt.
Denn der Notar sorgt für eine rechtssichere Formulierung, berät über die Tragweite und sorgt dafür, dass die persönlichen Lebensumstände auch tatsächlich erfasst werden. Die notarielle Urkunde gibt Gewissheit über die Identität des Erklärenden, wobei der Notar auch die Feststellung der Geschäftsfähigkeit trifft. Eine spätere Anzweifelung oder Anfechtung der Erklärung ist de facto ausgeschlossen. Zudem wird die notarielle Urkunde beim Notar verwahrt, so dass auch – wenn erforderlich – spätere Ausfertigungen erteilt werden können. Ein Verkauf oder dingliche Belastungen eines Hauses ist nur mit notarieller Vorsorgevollmacht möglich, da die Grundbuchämter einen Bevollmächtigten nur dann akzeptieren, wenn er mittels einer öffentlichen beglaubigten Vorsorgevollmacht seine Berechtigung nachweist. Dies gilt selbstverständlich auch bei zahlreichen Unternehmenstransaktionen, aber auch oftmals im gesellschaftsrechtlichen Rechtsverkehr.
Ein wichtiger Vorteil ist zudem, dass der Notar die Daten einer Vorsorgevollmacht beim Zentralen Vorsorgeregister bei der Bundesnotarkammer registrieren lässt. Dieses Register dient der Information der mit betreuungserfahrenen befassten Stellen, die sofort ersehen können, ob überhaupt eine Anordnung einer Betreuung erforderlich ist.
Wie Sie vielleicht schon der Presse entnommen haben, hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein sehr weitreichendes Urteil zu Patientenverfügungen, aber auch zu den Vorsorgevollmachten gefällt. Faktisch erklärt er alle Verfügungen für wirkungslos, die unpräzise Festlegungen zu Umfang und Grenzen “lebensverlängernder Maßnahmen” beinhalten. Nach Ansicht des 7. Zivilsenats ist eine Verfügung nur dann bindend, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligungen oder Nicht-Einwilligungen in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können (Akt.-Z. VII ZB 61/16). Allgemeine Anweisungen reichen dem BGH nicht aus, denn diese allgemeinen Formulierungen ließen große Zweifel darüber entstehen, was der Aussteller genau gewollt hat. Gleiche Präzision für Patientenverfügung verlangt auch die Vorsorgevollmacht. Auch sie muss so detailliert formuliert sein, dass eindeutig erkennbar ist, welche Fragen genau ein Bevollmächtigter entscheiden können soll. Generalklauseln sind deshalb verboten. Der Vollmachttext muss es einem Dritten ermöglichen, zweifelsfrei nachzuvollziehen, was dem Willen des Ausstellers entspricht. Der BGH verlangt größtmögliche Klarheit mit der Konsequenz, dass Auslegungsmöglichkeiten überhaupt nicht mehr bestehen.
Insbesondere auch unter Beachtung der BGH-Rechtsprechung ist es zwingend erforderlich, dass selbst – wenn schon eine Verfügung oder Vollmacht errichtet worden ist – rechtlicher Rat in Anspruch genommen werden sollte. Nur so kann gewährleistet werden, dass auch dem tatsächlichen Willen später Rechnung getragen wird. Denn nur eine wirksame Vorsorge verschafft Sicherheit und Klarheit und entlastet insbesondere auch die nahen Angehörigen und Vertrauten, die von “nun auf jetzt” sofort handeln können und müssen, ohne dass es der Einschaltung des Betreuungsgerichtes bedarf. Selbst bei bereits vorhandenen Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten erscheint der Gang zum Notar deshalb äußerst ratsam, um letztlich sicher zu stellen, dass die rechtzeitig getroffene Vorsorge auch tatsächlich wirksam ist.
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