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Räum- und Streupflicht: Was ist zu beachten?
Die Freude beim Anblick einer idyllischen Winterlandschaft kann schnell verfliegen, wenn man als Passant auf vereisten Wegen ins Rutschen gerät.
Kommt es durch Glätte zu einem Unfall, können die finanziellen Schäden immens sein. Umso wichtiger ist es für die Anlieger öffentlicher Wege zu wissen, in welchem Umfang sie verpflichtet sind, diese Wege zu räumen. Grundsätzlich gilt, dass die Räum- und Streupflicht für öffentliche Straßen und Wege bei der jeweiligen Kommune liegt. Die Kommunen können jedoch den Winterdienst für Geh- und Radwege auf den Anlieger eines angrenzenden Grundstücks übertragen. Die Frage, wann Schnee und Eis beseitigt werden muss, wird recht unterschiedlich gehandhabt. So gilt die Räumpflicht in Hannover an Werktagen von 07:00 bis 22:00 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 08:00 bis 22:00 Uhr. In Rostock muss der Gehweg täglich von 07:00 bis 20:00 Uhr frei gehalten werden, in Hamburg werktags von 08:30 Uhr bis 20:00 Uhr, am Sonntag erst ab 09:30 Uhr und in Kiel täglich von 09:00 bis 20:00 Uhr. Die Stadt Papenburg hat auch von der Möglichkeit der Bestimmung Gebrauch gemacht und den Winterdienst wie folgt geregelt:
Geh- und Radwege mit einer geringeren Breite als einem Meter müssen vollständig freigehalten werden, die übrigen mindestens in einer Breite von einem Meter. Ist ein Geh- oder Radweg nicht vorhanden, ist ein Streifen von mindestens einem Meter neben der Fahrbahn oder am äußersten Rand der Fahrbahn freizuhalten.
Ist der Schnee über Nacht gefallen, muss die Reinigung an Werktagen bis 07:30 Uhr erfüllt sein; an Sonn- und Feiertagen bis 09:00 Uhr.
Die Rutschgefahr darf nur in wenigen Ausnahmefällen mit Streusalz oder Chemikalien beseitigt werden. Diese liegen dann vor, wenn bei extremen Bedingungen die Glätte nicht mit anderen Mitteln und zumutbarem Aufwand beseitigt werden kann oder wenn eine besonders gefährliche Stelle betroffen ist. Letzteres ist etwa der Fall bei Gehwegabschitten mit starkem Gefälle. Im Übrigen darf nur Sand oder ein ähnliches abstumpfendes Mittel verwendet werden.
Zu wiederholen ist die Räum- und Streupflicht bei Bedarf bis 20:00 Uhr. Hierbei ist zu beachten, daß der Eigentümer etwa bei andauerndem Eisregen nicht permanent streuen muß, seiner Pflicht aber umgehend wieder nachkommen muss, sobald dies möglich ist. Pflichtige, die tagsüber nicht anwesend sind oder wegen Urlaubs ortsabwesend sind, müssen eine Vertretung organisieren.
Hält der Eigentümer seine Räum- und Streupflicht nicht ein, kann dies fatale Folgen haben, wenn ein Passant stürzt und sich verletzt. Der Eigentümer haftet für die Kosten einer ärztlichen Behandlung. Erleidet der Verletzte eine dauerhafte Einschränkung oder Behinderung, ist er auch für alle weiteren Schäden haftbar, so z.B. für weitere Behandlungskosten oder entgangenen Verdienst. Hinzu kommen schließlich noch Schmerzensgeldansprüche.
Selbst wenn ein Mitverschulden des Verletzten vorliegen sollte, kann eine Pflichtverletzung daher ruinöse Folgen haben. Auch das Bestehen einer Versicherung kann dieses Risiko nicht vollends ausschließen, da Einschränkungen des Versicherungsschutzes bestehen, wenn dem Eigentümer zumindest grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann.
Dass schließlich damit noch die Gefahr einer strafrechtlichen Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung oder eines Bußgeldes einhergeht, darf nicht unerwähnt bleiben.
Hat der Eigentümer sein Haus vermietet, kann er zwar seine Räumpflicht durch ausdrückliche Regelung im Mietvertrag – also nicht nur in einer Hausordnung – auf den Mieter übertragen. In diesem Fall muss der Eigentümer aber überwachen, ob der Mieter der Räumpflicht nachkommt, auch dann, wenn er selbst nicht vor Ort wohnt. Verletzt er die Überwachungspflicht, ist er weiter in der Haftung.
Für Gastronomie und Gewerbebetriebe, die auch nachts Öffnungszeiten haben und Besucherverkehr erwarten, gelten allerdings Besonderheiten. Die Betreiber haben dafür Sorge zu tragen, dass möglichst alle zwei Stunden überprüft wird, ob eine Räum- und Streupflicht veranlasst werden muss. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, muss er damit rechnen, dass selbst noch bis nachts er in die Haftung genommen werden kann.
Nach allem ist nur dringend anzuraten, genau auf die Einhaltung der Räum- und Streupflicht zu achten. Auch wenn der Verpflichtete, diese Pflicht Dritten übertragen hat, ist es seine weitere Aufgabe, Kontroll- und Überwachungspflichten nachzukommen. Im Klartext bedeutet dies, dass der Verpflichtete regelmäßig auch Streife laufen und die Einhaltung prüfen muss.
Wer keine Zeit hat, selbst zur Schaufel greifen zu können, muss Andere damit beauftragen. Er kann allerdings diese Ausgaben für einen Hausmeisterdienst dann auch später von der Steuer abzusetzen. Berufstätige Eigentümer machen hiervon oftmals Gebrauch, spätestens seit der Bundesfinanzhof in einem Urteil den Winterdienst als haushaltsnahe Dienstleistung anerkannt hat (Akt.-Z. VI R 55/12).
Wer berufstätig ist kann auch durchaus eine Streu- und Räumgemeinschaft mit den Nachbarn bilden. Wichtig ist dabei stets, dass die jeweilige kommunale Satzung inhaltlich beachtet wird.
Abschließend sei auch der Hinweis erlaubt, dass bei einsetzendem Tauwetter der ordnungsgemäß geräumte Weg wieder von übrig gebliebenem Streusand oder ggf. noch vorhandendem Streusalz gereinigt werden muss. Erst dann hat der Verpflichtete dem notwendigen Winterdienst genüge getan.
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