Allgemein
Gutgläubiger Eigentumserwerb
Grundsätzlich erwirbt man Eigentum dadurch, dass die fremden Sachen vom bisherigen Eigentümer übergeben, übereignet oder vererbt werden. Der Eigentümer kann dann gem. § 903 BGB und aufgrund der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Artikel 14 GG mit dem Eigentum nach Belieben verfahren und dritte Personen von jeder Einwirkung ausschließen. Jeder gesetzliche Eigentümer kann mithin selbst entscheiden, ob er das Eigentum behält, aufgibt oder ob er über dieses verfügt. Diese Ausführungen dürften allseits bekannt sein und nicht überraschen. Nicht bekannt demgegenüber ist jedoch oftmals, dass der Eigentümer auch unter gewissen Voraussetzungen sein Eigentum an der Sache verlieren kann, obwohl er dies gar nicht möchte! Beispielsweise kann ein Eigentümer sein Eigentum dann verlieren, wenn er die Sache an einen Dritten verliehen und dieser dann eigenmächtig den Gegenstand veräußert hat. In einem derartigen Fall hat der verleihende Eigentümer keine Möglichkeit sein Eigentum zurück zu erhalten. Er ist seines Eigentumes gänzlich verlustig gegangen, ob er will oder nicht! Geregelt ist dieser gutgläubige Erwerb vom einem Nichtberechtigten in den §§ 932 ff. BGB.
Gemäß dieser Vorschrift wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht im guten Glauben ist. Der Erwerber ist dann nicht im guten Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört. Diese für den Leser oftmals erstaunliche Regelung beruht auf dem Gedanken des Vertrauens und Verkehrsschutzes. Derjenige, der berechtigterweise auf den rechtmäßigen Veräußerer vertraut, soll in diesen Fällen geschützt werden. Ziel ist es aber auch, dadurch eine größtmögliche Rechtssicherheit zu schaffen mit der Maßgabe, dass sich die falsche Rechtslage nicht unentwegt fortsetzt. Nach diesem sogenannten Veranlassungsprinzip gilt dies jedoch nur dann, wenn der Nichtberechtigte die Sache auch von dem Eigentümer tatsächlich erhalten hat. In dem Fall liegt ein auf dem Besitz beruhender Rechtsschein vor, auf den sich der Erwerber verlassen kann. So wird gem. § 106 BGB bezüglich des Besitzers einer beweglichen Sache grundsätzlich vermutet, dass er ihr Eigentümer ist.
Die Gutglaubensvorschriften finden außerdem nur auf einen rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb Anwendung. Der Erwerb muss auf eine Einigung der Parteien beruhen. Der gutgläubige Erwerb ist demgemäß nicht bei einem gesetzlichen Eigentumserwerb bzw. während der Zwangsvollstreckung möglich. Außerdem muss ein Verkehrsgeschäft vorliegen. Das bedeutet, dass sich auf der Seite des Erwerbers mindestens eine Person befinden muss, die selbst bei einer wirtschaftlichen Betrachtung nicht gleichzeitig auf der Seite des Veräußerers steht. Dabei ist die Gutgläubigkeit des Erwerbs die wichtigste Voraussetzung für die Erlangung des Eigentums von einem Nichtberechtigten. Voraussetzung allerdings für den gutgläubigen ist stets, dass auch Gutgläubigkeit auf seiner Seite besteht, d.h., dass er tatsächlich darauf vertrauen konnte und durfte, dass der Veräußerer Eigentümer und Berechtigter zum Zeitpunkt der Übertragung war. Ist der Erwerber bösgläubig, so kann er sich selbst auch nicht auf den Vertrauensschutz berufen.
Aber auch bei bestehender Gutgläubigkeit des Erwerbers sind wichtige Einschränkungen zu beachten! Insbesondere § 935 Abs. 1 BGB schließt den gutgläubigen Erwerb dann aus, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer tatsächlich nur mittelbarer Besitzer zum Zeitpunkt der Übertragung war, wenn folglich die Sache dem Berechtigten abhanden gekommen war. Dies bedeutet, dass das Gesetz den gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen der rechtmäßige Eigentümer in zurechenbarer Weise seinen Besitz an einer Sache willentlich an einen Dritten übertragen hat. Hat der Eigentümer den unmittelbaren Besitz demgegenüber unfreiwillig verloren, so bewertet das Gesetz sein Interesse am Erhalt des Eigentums höher, als das Interesse des gutgläubigen Erwerbs an einem wirksamen Rechtserwerb.
Nach § 935 Abs. 2 BGB findet der Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs abhanden gekommener Sachen keine Anwendung, wenn es sich bei der veräußerten Sache um Bargeld oder ein Inhaberpapier handelt. Diese Regel beruht darauf, dass der Rechtsverkehr ein besonderes Interesse an der ungehinderten Gebrauchsmöglichkeit der genannten Gegenstände hat. Die Vorschrift lässt schließlich den gutgläubigen Erwerb abhanden gekommener Sachen auch dann zu, wenn diese im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung erworben worden sind. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung das Vertrauen in das unter hoheitlicher Aufsicht vorgenommene Auktionsverfahren schützen.
Hat der Eigentümer sein Eigentum aufgrund eines gutgläubigen Erwerbs verloren, ist er nicht gänzlich schutzlos gestellt. Er kann gegen den Nichtberechtigten Veräußerer zivilrechtlich vorgehen. Danach ist der Nichtberechtigte zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet. Mithin besteht sogar die Möglichkeit, dass der Geschädigte Eigentümer wirtschaftlich sich besser stellt, insbesondere in den Fällen, in dem der nichtberechtigte Veräußerer einen über den Zeitwert hinausgehenden Verkaufspreis erzielen konnte.
Problematisch wird die Fallkonstelation, wenn die Sache gutgläubig erworben wurde und aufgrund eines Rücktritts nun an den nichtberechtigten Veräußerer zurückfällt. Normalerweise wäre dann ja der Nichtberechtigte nun der Eigentümer der Sache. Nach herrschender Ansicht allerdings soll in diesen Fällen das Eigentum automatisch an den früheren Eigentümer zurückfallen, wenn die Übertragung sich lediglich aufgrund der Rückabwicklung des Vertrages ergibt bzw. der Nichtberechtigte die Sach weiterverkauft, um sie anschließend von dem gutgläubigen Käufer zurückzuerlangen.
Es erscheint vorliegend sowohl für den Eigentümer, als auch für den Erwerber sehr ratsam in vergleichbaren Fällen zum Zwecke der Schadloshaltung zeitnah juristischen Rat einzuholen.
Comments are closed