Familienrecht
Die Ehewohnung bei Trennung und Scheidung
Wenn Eheleute mit dem Gedanken spielen, sich zu trennen, stellt sich zunächst die grundlegende Frage, was eigentlich aus der Ehewohnung oder dem gemeinsam bewohnten Haus wird. Wer darf weiterhin in der Immobilie wohnen? Kommt es dabei auf die Eigentumsverhältnisse an? Gilt etwas anderes, wenn es sich um eine Mietwohnung handelt? Gerade, wenn Kinder im Spiel sind, möchte man diesen einen Umzug häufig nicht zumuten. Hinzukommt, dass es mitunter auf dem Wohnungsmarkt schwierig ist, als Alleinerziehende(r) mit Kindern eine Wohnung zu bekommen. Was tun, wenn der andere Ehegatte nicht bereit ist, die Ehewohnung zu verlassen?
Hier hilft zunächst § 1361 b BGB weiter. Dieser regelt, dass einem Ehegatten die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung überlassen werden kann, wenn dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Weiter heißt es in § 1361 b BGB, dass eine unbillige Härte auch dann gegeben sein kann, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Im Klartext bedeutet dies, dass der Ehegatte, der bei einer Trennung beabsichtigt, mit den gemeinsamen Kindern in der Ehewohnung zu bleiben, gute Chancen hat, dies im Streitfall auch vor Gericht durchzusetzen. Sind keine Kinder vorhanden, kommt es für die Interessenabwägung stets auf die Umstände des Einzelfalls an. Unerheblich ist, ob es sich um eine Mietwohnung oder Eigentum handelt und wie sich die Eigentumsverhältnisse gestalten.
Zu beachten ist, dass ein gerichtliches Ehewohnungszuweisungsverfahren gem. § 1361 b BGB stets nur eine vorläufige Regelung beinhaltet. Das Gericht überlässt dem antragstellenden Ehegatten die Ehewohnung nur bis zur Rechtskraft der Scheidung zur alleinigen Nutzung.
Für den Zeitraum ab Rechtskraft der Scheidung sieht § 1568 a BGB vor, dass ein Ehegatte von dem anderen Ehegatten die Überlassung der Ehewohnung verlangen kann, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte und die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht. Steht die Ehewohnung im Alleineigentum des anderen Ehegatten, kann der Ehegatte die Überlassung nur verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden (§ 1568 a Abs. 2 BGB). Wegen des Eingriffs in die verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition Eigentum (Art. 14 GG) sind an die Annahme einer unbilligen Härte hohe Anforderungen zu stellen, die nur bei ungewöhnlich schweren Beeinträchtigungen erfüllt sind.
Mit der Frage, wann eine unbillige Härte vorliegt und ein Ehegatte Anspruch auf Zuweisung der im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehenden Ehewohnung zur alleinigen Nutzung nach Rechtskraft der Scheidung hat, hatte sich das OLG Frankfurt am Main in seinem Beschluss vom 18.07.2022, Az. 6 UF 87/22 zu befassen.
In dem dortigen Fall wurde der Ehefrau, die sich nach der Trennung der Beteiligten allein um die drei gemeinsamen minderjährigen Kinder kümmerte, erstinstanzlich die im Alleineigentum des Ehemannes stehende Ehewohnung für die Zeit des Getrenntlebens zur alleinigen Nutzung zugewiesen. Nachdem die Eheleute seit August 2021 rechtskräftig geschieden waren, beantragte die Ehefrau die Ehewohnungszuweisung gem. § 1568 a BGB für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung. Das Amtsgericht entschied antragsgemäß, befristete die Wohnungszuweisung allerdings bis zum 31.08.2022. Gegen diesen Beschluss legten beide geschiedene Ehegatten Beschwerde zum OLG Frankfurt am Main ein.
Das OLG wies die Beschwerde der Ehefrau zurück und dem geschiedenen Ehemann die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zu. Der Ehefrau räumte es für den Auszug eine Frist bis zum 31.12.2022 ein.
Das OLG begründete seine Entscheidung damit, dass eine weitere Überlassung der Ehewohnung an die Ehefrau auch nach Rechtskraft der Scheidung vorausgesetzt hätte, dass dies notwendig sei, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Dies sei etwa der Fall, wenn ein Ehegatte für sich und die von ihm betreuten Kinder keine Wohnung finden kann. Dies sah das OLG als nicht gegeben an. Nach Rechtskraft der Scheidung- so das OLG weiter- komme dem Alleineigentum des Ehemannes an der Wohnung erhebliches Gewicht zu. Die Ehefrau könne sich auch nicht darauf berufen, dass es für sie und die Kinder unmöglich sei, Ersatzwohnraum zu finden, denn sie habe während des Getrenntlebens keinerlei Anstrengungen unternommen, Ersatzwohnraum zu beschaffen. Die vom Jugendamt geäußerte abstrakte Befürchtung einer Destabilisierung der Kinder durch einen Umzug mit der Folge des etwaigen Verlusts der sozialen Bindungen im Freundeskreis und bei Vereinen sei keine außergewöhnlich schwere Beeinträchtigung. Die Ehefrau konnte sich daher auch unter Berücksichtigung der Belange der Kinder nicht auf eine unzumutbare Härte berufen.
Bei Fragen zur Auseinandersetzung bzw. Zuweisung der ehelichen Immobilie/Wohnung ist zur fachanwaltlichen Beratung sowie anschließenden Beauftragung dringend anzuraten.
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