Allgemein, Zivilrecht
Aktuelles zur Gutscheinlösung im Reisevertragsrecht
Auch die Tourismus-Branche wurde – wie viele andere Wirtschaftszweige auch – durch die Covid-19-Pandemie in erheblicher Weise betroffen. Infolge der Pandemie kam es zu zahlreichen Absagen von Reisen durch den Veranstalter oder aber Stornierungen durch den Reisenden. Die jeweiligen Reiseanbieter sind und waren in dieser Situation verpflichtet, bereits erhaltene Anzahlungen auf Reiseverträge oder gar den bereits gezahlten vollen Reisepreis an die Kunden zu erstatten. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Veranstalter Ihrerseits den Vertragspartnern gegenüber in der Pflicht sind, bringt die Verpflichtung zur Rückzahlung die Reiseveranstalter teilweise in eine existenzbedrohende Situation. Um diese Folgen abzumildern, hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 31.07.2020 das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Pauschalreiserecht beschlossen. Unter recht engen Voraussetzungen ist der Reiseveranstalter hiernach berechtigt, dem Kunden als Alternative zur Rückzahlung des Reisepreises einen Gutschein anzubieten. Zu beachten ist hierbei zunächst, dass die Gutscheinregelung ausdrücklich nur für Pauschalreisen gilt. Ein Pauschalreisevertrag liegt lediglich dann vor, wenn zwischen dem Kunden und dem Reiseanbieter ein Vertrag über eine Gesamtheit von mindestens zwei Reiseleistungen geschlossen worden ist, z.B. Flug und Unterkunft. Nicht von der Gutscheinregelung betroffen sind damit individuell gebuchte Reisen, bei denen der Kunde selber etwa die Hotelbuchung vor Ort wahrnimmt.
Weitere Voraussetzung ist, dass die Stornierung der Reise ausdrücklich auf der Covid-19-Pandemie beruht. Liegt ein anderer hiermit nicht im Zusammenhang stehender Grund für die Absage der Reise vor, greift die Gutscheinregelung nicht ein.
Zu beachten ist desweiteren, dass das Gesetz ausschließlich Pauschalreiseverträge erfasst, die vor dem 08.03.2020 abgeschlossen worden sind.
Soweit Verträge vorliegen, die nach diesem Zeitpunkt abgeschlossen wurden, sah der Gesetzgeber das Risiko einer Absage eher auf Seiten der Reiseveranstalter, die sich in Kenntnis der Pandemie auf etwaige Beeinträchtigungen und Absagen hätten einstellen können.
Für den Reisenden ist von besonderer Bedeutung, dass er nicht verpflichtet ist, einen angebotenen Gutschein zu akzeptieren. Die Annahme obliegt vielmehr seiner freien Entscheidung. Ist der Kunde mit dem Angebot des Gutscheins nicht einverstanden, kann er weiterhin auf eine Rückzahlung des geleisteten Reisepreises bestehen. Diesem Umstand ist durch den Reiseveranstalter bei der Gestaltung des Gutscheins Rechnung zu tragen. Er hat insoweit ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass ein entsprechendes Wahlrecht besteht und trotz des angebotenen Gutscheins die Rückzahlung verlangt werden kann. Hieraus ergibt sich im Gegenzug zugleich auch, dass der Kunde keinen Anspruch auf Aufstellung eines Gutscheins hat.
Zu beachten ist darüber hinaus, dass der Kunde, der den Gutschein annimmt, den Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises nicht endgültig verliert. Die Annahme führt vielmehr lediglich dazu, dass der Anspruch auf Rückzahlung für den Fall, dass der Gutschein nicht eingelöst wird, bis zum Ende der Gültigkeit des Gutscheins mit Ablauf des Jahres 2021 gestundet ist. Im Falle einer Nichteinlösung kann hiernach der Rückzahlungsanspruch weiter geltend gemacht werden.
Der Veranstalter muss den Reisepreis in diesem Fall spätestens innerhalb von 14 Tagen erstatten, ohne dass es einer Aufforderung zur Rückzahlung bedarf.
Soweit es die Gestaltung des Gutscheins betrifft, ist in diesem in jedem Fall der Wert anzugeben, wobei der Wert den vom Kunden geleisteten Zahlungen entsprechen muss. Als gewisser Anreiz zur Annahme des Gutscheins wird in den Gutscheinen oftmals ein höherer Wert angegeben. Wichtig für den Kunden ist jedoch, dass lediglich der der geleisteten Zahlung entsprechende Gutscheinwert staatlich garantiert wird, so dass etwa im Falle einer Insolvenz des Veranstalters, ein Anspruch gegen die Staatskasse besteht. Dies gilt explizit nicht für einen etwaig angegeben höheren Wert. Die entsprechende gesetzliche Regelung sieht überdies weitere Pflichtangaben vor, die in den Gutschein aufzunehmen sind. Erforderlich ist hierbei zunächst die Angabe, dass der Gutschein gerade wegen der Covid-19-Pandemie ausgestellt wird. Desweiteren ist auf die gesetzlich vorgegebene Gültigkeitsdauer bis zum 31.12.2021 zu verweisen, wobei eine kürzere Gültigkeitsdauer bestimmt werden kann. Zu den Pflichtangaben gehört darüber hinaus, dass im Falle der Nichteinlösung des Gutscheins der Reisepreis spätestens innerhalb von 14 Tagen zurückgezahlt werden muss. Schließlich ist auf die Insolvenzabsicherung in Höhe des Gutscheinwertes zu verweisen, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen werden muss, dass ein über die geleistete Zahlung hinausgehender Gutscheinwert gerade nicht abgesichert ist.
Inwieweit die Gutscheine tatsächlich zu einer Entlastung der Reisebranche führen werden, bleibt abzuwarten. Nach ersten Erhebungen liegt die Annahmequote in einem Bereich zwischen 10 % und 20 %, so dass von einer tatsächlichen Entlastung wohl kaum die Rede sein kann.
Betroffenen Kunden, die sich über ihre Rechte nicht abschließend im Klaren sind, kann im Ergebnis eine anwaltliche Beratung nur empfohlen werden. Dies gilt natürlich auch für die Kunden, die nach dem 08.03.2020 eine Reise gebucht haben und einen Stornierungsfall erlitten haben.
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