Arbeitsrecht
Abfindung und Insolvenzrisiko
Wollen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich einvernehmlich voneinander trennen, so kann dies durch den Abschluß eines Aufhebungsvertrages erfolgen. Regelmäßig wird hierbei auch die Zahlung einer Abfindung vereinbart, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnis zur Zahlung fällig werden soll. Was aber geschieht, wenn zwischen Abschluß des Aufhebungsvertrages und dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein längerer Zeitraum liegt und der Arbeitgeber zwischenzeitlich in die Insolvenz gerät?
Mit diesem Problem sah sich ein Arbeitnehmer konfrontiert, der im Oktober 2007 einen Aufhebungsvertrag zum 31.12.2008 abgeschlossen und hierbei eine ansehnliche Abfindung von 110.000,00 EUR ausgehandelt hatte, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werde sollte.
Nachdem der Arbeitgeber Anfang Dezember 2008 einen Insolvenzantrag stellen mußte, wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt, der die Auszahlung der Abfindung verweigerte. Was konnte der Arbeitnehmer tun?
Der Abfindungsanspruch war wegen der Insolvenz nicht durchsetzbar. So durfte der Arbeitgeber die Abfindung ohne Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht zahlen. selbst wenn jedoch eine Zahlung erfolgt wäre, hätte diese durch den Insolvenzverwalter später angefochten werden können und wäre zu erstatten gewesen. Ohnehin hätte jedoch die Abfindung nicht mehr beansprucht werden dürfen, da es Treu und Glauben widerspricht, eine Leistung zu fordern, die sofort wieder erstattet werden müßte.
Nachdem der Arbeitnehmer also erfolglos eine Frist zur Zahlung gesetzt hatte, war er der Ansicht, von dem Aufhebungsvertrag zurücktreten zu dürfen und weitere Beschäftigung über den 31.12.2008 verlangen zu können. Das Bundesarbeitsgericht sah dies in der Entscheidung vom 10.11.2011 anders.
Zwar könne auch von einem Aufhebungsvetrag, der eine Abfindungszahlung vorsehe nach § 323 I BGB nach erfolgloser Fristsetzung zurückgetreten werden. Hier aber war der Abfindungsanspruch jedoch aufgrund der Insolvenz nicht durchsetzbar, so daß auch ein Rücktritt nicht erfolgen konnte. Folge: Das Arbeitsverhältnis war tatsächlich beendet und der Arbeitnehmer konnte seine Forderung lediglich zur Insolvenztabelle anmelden.
Wie können sich Arbeitnehmer gegen dieses Risiko schützen?
Eine Möglichkeit wäre, einen anderen Fälligkeitszeitpunkt für die Auszahlung der Abfindung zu vereinbaren, z.B. den Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages. Dies dürfte beim Arbeitgeber in der Regel auf wenig Gegenliebe stoßen, da er auf unvorhergesehene Umstände eventuell nicht mehr adäquat reagieren kann ( Bsp.: Erfordernis einer fristlosen Kündigung bei schwerwiegendendem Fehlverhalten des Arbeitnehmers mit der Folge des Verlusts des Abfindungsanspruchs bei entsprechender Vereinbarung ).
Eine zweite Möglichkeit wäre die Vereinbarung einer Ausstiegsklausel zu Gunsten des Arbeitnehmers: Vereinbart werden kann, daß der Arbeitnehmer vorzeitig das Arbeitsverhältnis jederzeit mit dem Recht zur Mitnahme der Abfindung beenden kann, gegebenenfalls unter Kapitalisierung des für den Arbeitgeber ersparten Gehalts und Aufschlag auf die Abfindung.
Angesichts der Risiken im Hinblick auf die Abfindung, aber auch im Hinblick auf eventuelle sozialversicherungsrechtliche Folgen, sollten sich Arbeitnehmer, aber auch Arbeitgeber vor Abschluß eines Aufhebungsvertrages in jedem Fall anwaltlich beraten lassen.
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