Notariat
Testamentsgestaltungen in der notariellen Praxis
Zu den Kernaufgaben des Notars gehört die Beratung in erbrechtlichen Angelegenheiten. Die Gestaltung von Testamenten für Privatpersonen, wie auch die Nachfolgeplanung für Unternehmer stellt sich dabei als eine ausgesprochen komplexe Materie dar. Gleichwohl wird oftmals der Gang zum Notar gescheut in der Annahme, die dort entstehenden Gebühren, deren Höhe oftmals überschätzt wird, könne man sich sparen, indem ein sogenanntes privatschriftliches Testament errichtet wird. Oftmals erfolgt in diesen Fällen im Erbfall das böse Erwachen. Zum Einen werden in Fällen, in denen ein privatschriftliches Testament verfasst worden ist, die Erben oftmals mit der Tatsache konfrontiert, dass nunmehr ein Erbscheinsantrag beurkundet werden muss. Grund hierfür ist, dass in vielen Bereichen das privatschriftliche Testament nicht als formgerechter Nachweis der Erbfolge akzeptiert wird. Dies gilt insbesondere, wenn nach einem Erbfall das Eigentum an einer Immobilie umgeschrieben und das Grundbuch entsprechend berichtigt werden muss.
Aber auch inhaltlich kann eine privatschriftliche Regelung des Erblassers angreifbar sein, wenn sie mit den äußerst komplexen erbrechtlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen sind. So kann eine durch einen juristischen Laien getroffene Formulierung letztendlich zum Gegenteil dessen führen, was tatsächlich gewünscht war. Exemplarisch zeigt sich das an einem Fall, über den im Jahre 2014 das Oberlandesgericht (OLG) Hamm zu entscheiden hatte.
Der Angelegenheit lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahre 2013 war der Erblasser, der in zweiter Ehe verheiratet war, verstorben. Die zweite Ehe war kinderlos geblieben, während der Erblasser aus der ersten Ehe einen Sohn und eine Tochter hatte. Ein Jahr vor seinem Tod errichtete der Erblasser ein privatschriftlich geschriebenes und unterschriebenes Testament, welches folgenden Wortlaut hatte:
“Nach meinem Ableben soll die Erbschaft gemäß dem “Berliner-Testament” erfolgen einschließlich Wiederverheiratungsklausel.”
Die überlebende zweite Ehefrau beantragte nach dem Tod des Erblassers beim zuständigen Nachlassgericht, ihr einen Erbschein zu erteilen, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Zugrunde lag die Annahme, dass der verstorbene Erblasser sie mit dem handschriftlichen Testament als alleinige Erbin eingesetzt habe.
Die Kinder des Erblassers aus erster Ehe wandten sich sodann gegen die Erteilung des Erbscheins und führten zur Begründung an, das Testament enthalte tatsächlich keine Erbeinsetzung. Sie waren vielmehr der Ansicht, dass der Erblasser aufgrund gesetzlicher Erbfolge zu 1/2 von der zweiten Ehefrau und zu je 1/4 von den Kindern aus erster Ehe beerbt worden sei. Dieser Auffassung folgte auch das zuständige Nachlassgericht und wies den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins zurück.
Das als Beschwerdeinstanz zuständige OLG Hamm schloss sich letztlich der der Ansicht des Amtsgerichts als Nachlassgericht an und bestätige die Entscheidung.
Zur Begründung führte das OLG Hamm an, das privatschriftliche Testament des Erblassers enthalte weder ausdrücklich eine Einsetzung der Ehefrau als Alleinerbin, noch könne eine derartige Alleinerbeneinsetzung dem Testament im Wege einer Auslegung entnommen werden. Der Erblasser habe lediglich verfügt, die Erbschaft solle gemäß dem “Berliner-Testament” erfolgen. Bei dem Berliner-Testament handelt es sich um ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten, die sich in der Regel wechselseitig als Alleinerben einsetzen und zugleich verfügen, dass nach dem Tod des Letztversterbenden gemeinschaftliche Abkömmlinge Schlußerben werden sollen. Nach Ansicht des OLG Hamm habe der Erblasser offensichtlich nicht gewußt, dass ein solches “Berliner-Testament” nicht als Einzeltestament, sondern nur als gemeinschaftliches Testament beider Ehegatten errichtet werden könne. Es sei nicht erkennbar, welche Vorstellungen er tatsächlich für seine Erbfolge gehabt habe. Insbesondere sei nicht zu erkennen gewesen, ob ein Alleinerbe, Schlußerbe oder Nacherbe bestimmt werden und was konkret im Fall der Wiederverheiratung eintreten solle.
Anzunehmen ist zwar, dass der Erblasser tatsächlich vorrangig seine Ehefrau berücksichtigen wollte. Durch die von ihm gewählte Formulierung ist jedoch tatsächlich letztlich das genaue Gegenteil des gewollten erreicht worden. Beispiele wie das vorgenannte kommen in vergleichbarer Art und Weise in der Praxis regelmäßig vor. Es kann daher nur geraten werden, rechtzeitig den Notar als unabhängigen und neutralen Berater aufzusuchen um sicher zu stellen, dass die Erbfolge tatsächlich den Wünschen und Interessen der Betroffenen entsprechend geregelt wird. Auch wenn sich viele Betroffene scheuen, sich mit der eigenen Erbfolge zu befassen, sollte bereits die Fürsorge für die Familie oder aber auch für ein Unternehmen es in jedem Fall gebieten, eine angemessene und sichere Nachfolgeplanung sicher zu stellen.
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