Arbeitsrecht
Privates Surfen am Arbeitsplatz
Eine Bestellung bei Amazon, ein Besuch bei Facebook oder eine E-Mail an Freunde und Bekannte gehört heute fast schon zum Alltag. Entscheidende Frage ist, wie die Rechtslage aussieht, wenn derartige Privatangelegenheiten nicht in der Freizeit, sondern während der Arbeitszeit über einen dienstlichen Rechner oder das Smartphone erledigt werden. Auch wenn Arbeitnehmern dies vielleicht als Selbstverständlichkeit erscheinen mag, ist in derartigen Fällen zum einen das Interesse des Arbeitgebers daran zu berücksichtigen, für das gezahlte Arbeitsentgelt auch die volle Leistung des Arbeitnehmers zu erhalten. Zum anderen besteht bei der Privatnutzung des dienstlichen Rechners zumindest das Risiko eines Virenbefalls und weitergehender Schäden.
Hat der Arbeitgeber die private Internetnutzung nicht ausdrücklich untersagt, bedeutet dies im Gegenzug noch nicht, dass eine private Nutzung erlaubt ist. So hat das Bundesarbeitsgericht u. a. festgestellt, dass die private Nutzung nicht sozialadäquat ist und eine Verletzung der Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers, nämlich der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung darstellt. Bei Fehlen einer ausdrücklichen Regelung wird demnach davon auszugehen sein, dass eine Nutzung des dienstlichen Internetzugangs für ausschließlich private Zwecke unzulässig ist. Dies gilt, soweit es die Nutzung eines dienstlichen Rechners angeht, auch für Pausenzeiten, da in diesen Fällen zumindest die Gefahr eines Virenbefalls besteht.
Der Arbeitgeber kann also im Einzelnen bestimmen, ob und in welchem Umfang das private Surfen erlaubt ist. Oft wird diese Frage auch z. B. in einer Betriebsvereinbarung oder in der Betriebsordnung geregelt. Bei Zweifeln ist es ratsam, den Vorgesetzten oder Chef direkt zu fragen.
Mit welchen Konsequenzen muss aber ein Arbeitnehmer rechnen, der einem ausdrücklichen Verbot des Arbeitgebers zuwiderhandelt oder aber die durch den Arbeitgeber gesetzten Grenzen zur privaten Nutzung überschreitet.
Soweit das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, kann das unerlaubte Surfen gegebenenfalls eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass nicht jede Pflichtverletzung ohne Weiteres eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung rechtfertigt. Im Regelfall wird der Arbeitgeber gehalten sein, das pflichtwidrige Verhalten des Arbeitnehmers zuvor abzumahnen und dem Arbeitnehmer so Gelegenheit zu geben, sich künftig vertragsgerecht zu verhalten. Ist das Fehlverhalten des Arbeitnehmers jedoch als besonders schwerwiegend zu erachten, kann der Arbeitgeber unter Umständen sogar eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aussprechen. Dies wird etwa der Fall sein, wenn eine besonders ausschweifende private Nutzung des Internets festzustellen ist. Das Bundesarbeitsgericht hat etwa in einem Fall, in dem ein Arbeitnehmer an mehreren aufeinander folgenden Tagen jeweils mehr als eine Stunde privat im Internet gesurft hatte, die hierauf gestützte außerordentliche Kündigung für wirksam erachtet. Selbstverständlich kann auch das Herunterladen von Dateien mit pornographischen oder strafbaren Inhalt eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen.
Wie aber kann der Arbeitgeber überhaupt feststellen, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer zu Privatzwecken das Internet genutzt hat, um gffls. arbeitsrechtliche Schritte bis hin zur Kündigung einzuleiten? Zu dieser Frage ist eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 14.01.2016 besonders zu beachten (AZ: 5 Sa 657/15).
In dem zugrundeliegenden Fall war den Mitarbeitern des betroffenen Betriebs nur während der Pausen die private Nutzung des Internets gestattet. Nachdem der Arbeitgeber auf eine private Nutzung des Internets durch einen Mitarbeiter entgegen dem aufgestellten Verbot aufmerksam gemacht wurde, wertete der Arbeitgeber ohne Zustimmung des betroffenen Mitarbeiters den Browserverlauf des entsprechenden Rechners aus. Hierbei wurde festgestellt, dass der betroffene Arbeitnehmer über einen Zeitraum von 30 Arbeitstagen an insgesamt 5 Tagen während der Arbeitszeit privat gesurft hatte. Gestützt hierauf wurde sodann die außerordentliche Kündigung der Arbeitsverhältnisses ausgesprochen. Nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg war die fristlose Kündigung tatsächlich wirksam. Der Umstand, dass der Mitarbeiter nicht in die Überprüfung des Browserverlaufes eingewilligt habe, führte nach Ansicht des Gerichts nicht dazu, dass die aus der Überprüfung gewonnen Erkenntnisse nicht verwertet werden durften. Es gehe – so das Gericht – zwar um die Überprüfung personenbezogener Daten. Nach Ansicht des Gerichts sei die Verwertung der Daten jedoch gleichwohl zulässig, da das Bundesdatenschutzgesetz eine derartige Missbrauchskontrolle auch ohne Einwilligung des Betroffenen erlaube und keine andere Möglichkeit bestanden habe, die unerlaubte Internetnutzung mit anderen Mitteln nachzuweisen.
Anders kann die Rechtslage zu beurteilen sein, sofern ein Arbeitgeber seinen Beschäftigten die private Nutzung von E-Mail oder Internetdiensten erlaubt. In diesem Fall erbringt der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste im Sinne des § 3 Nr. 6 Telekommunikationsgesetz. Infolgedessen ist der Arbeitgeber auch zur Einhaltung des Fernmeldegeheimnisses aus § 88 Abs. 1 TKG gebunden. In diesem Fall ist es dem Arbeitgeber untersagt, sich nähere Kenntnis etwa über den Inhalt von E-Mails zu verschaffen. Diese stehen vielmehr unter dem besonderen Schutz des Fernmeldegeheimnisses und dürfen nur mit Erlaubnis des jeweiligen Arbeitnehmers zur Kenntnis genommen werden. Wird die private Nutzung des Internetzugangs hingegen ausdrücklich untersagt, kommt der TKG nicht zur Anwendung. In dem Fall kann der Arbeitgeber selbstverständlich den PC kontrollieren. Ihm gehören sämtliche Geräte und er bezahlt die Mitarbeiter für ihre Arbeitszeit.
Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg ist zwar noch nicht rechtskräftig. Gleichwohl sollten Arbeitnehmer jedoch dringend darauf bedacht sein, entsprechende dienstliche Anweisungen des Arbeitgebers zur privaten Internetnutzung unbedingt zu beachten, um schwerwiegende arbeitsrechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
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