Mietrecht
Die Kündigung wegen Eigenbedarfs
Dem Schutz des Mieters von Wohnraum wird in Gesetzgebung und Rechtsprechung ein breiter Raum zugemessen. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in einer Entscheidung aus dem Jahre 1993 klargestellt, dass das Besitzrecht des Mieters wie Eigentum im Sinne des Artikel 14 Grundgesetz zu behandeln und damit grundrechtlich geschützt sei. Dementsprechend beschränkt sind oftmals die Möglichkeiten des Vermieters, einen Wohnraummietvertrag zu kündigen. Häufig entsteht bei Vermietern aufgrund einer vertraglichen Regelung des Inhalts, das Mietverhältnis sei mit der gesetzlichen Frist kündbar, der Eindruck, es bestünde bei Einhaltung der Fristen ein freies Kündigungsrecht. Tatsächlich darf der Vermieter jedoch nach § 573 Abs. 1 BGB den Vertrag nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Beispielhaft sind Kündigungsgründe in § 573 Abs. 2 BGB genannt. Einen praktisch wichtigen Kündigungsgrund enthält § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Ein berechtigtes Interesse liegt bei dieser sogenannten Eigenbedarfskündigung dann vor, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushaltes benötigt. Im Folgenden sollen einige Aspekte dargestellt werden, die im Zusammenhang mit einer Eigenbedarfskündigung immer wieder fraglich sind.
Benötigt der Vermieter die Wohnung nicht für sich selbst, ist zu klären, wer zum Kreis der Familienangehörigen gehört. Durch die gesetzliche Regelung ist dies nicht exakter bestimmt. Unzweifelhaft ist von einer Familienangehörigkeit auszugehen, wenn die Wohnung für Kinder, Enkelkinder, Eltern oder Großeltern benötigt wird. Auch für entferntere Verwandte kann aber Eigenbedarf geltend gemacht werden, wenn eine enge Beziehung und soziale Bindung besteht, was im Einzelfall geprüft werden muß. Zum Kreis der Haushaltsangehörigen gehören solche Personen die der Vermieter dauerhaft in seinen Haushalt aufgenommen hat und die in einer engen häuslichen Gemeinschaft mit ihm leben. Hierzu gehören zum Beispiel Pflegekinder, Pflegepersonal oder Haushaltsgehilfen.
Voraussetzung ist hierbei grundsätzlich immer, dass der Vermieter eine natürliche Person ist. Handelt es sich bei dem Vermieter um eine juristische Person, etwa eine GmbH, so ist eine Eigenbedarfskündigung nicht möglich, auch wenn Gesellschafter, gesetzliche Vertreter oder Angestellte eine im Eigentum der juristischen Person stehende Wohnung nutzen möchten. Eine Differenzierung ist dagegen bei den sogenannten Personengesellschaften vorzunehmen.
So kann eine Kommanditgesellschaft oder eine offene Handelsgesellschaft nicht wegen Eigenbedarfs eines Gesellschafters kündigen. Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts dagegen kann die Gesellschaft die Eigenbedarfskündigung aussprechen, wenn bei einem Gesellschafter Eigenbedarf besteht. Dies gilt jedenfalls, wenn dieser bereits bei Abschluss des Mietvertrages Gesellschafter gewesen ist. Bei Mietern, die eine Eigenbedarfskündigung erhalten, entsteht häufig Unverständnis über die Kündigung, wenn aus ihrer Sicht der Vermieter gar nicht dringend auf die Wohnung angewiesen ist.
Dies ist aber auch nicht zwingende Voraussetzung. Ausreichend für die Annahme von Eigenbedarf ist bereits, dass der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die beabsichtigte Nutzung hat.
Ein Mangel an Wohnraum oder eine völlig unzureichende Unterbringung ist dagegen nicht erforderlich. Klassischer Fall ist die Kündigung durch den Erwerber einer bereits vermieteten Wohnung. Ausreichend für die Begründung des Eigenbedarfs ist in diesem Fall der schlichte Wunsch des Erwerbers, die gerade erworbene Wohnung selber zu bewohnen. Eine wichtige Einschränkung ist hier aber in dem Fall zu beachten, dass nach Abschluss des Mietvertrages über eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus Wohnungseigentum an der betroffenen Wohnung begründet wurde. In diesem Fall kann sich der Erwerber nach § 577 a Abs. 1 BGB auf Eigenbedarf nicht vor Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung berufen. Entsprechendes gilt nach § 577 Abs. 1 a BGB, wenn vermieteter Wohnraum an eine Personengesellschaft oder an mehrere Erwerber veräußert wird.
Durch betroffene Mieter wird häufig darauf verwiesen, die Kündigung sei nicht gerechtfertigt, da dem Vermieter noch eine Alternativwohnung zur Verfügung stehe. Dies steht einer Eigenbedarfskündigung jedoch nicht zwingend entgegen. Die Kündigung wäre in diesem Fall nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn tatsächlich eine Wohnung freisteht oder alsbald frei wird und der vom Vermieter bestimmte Wohnbedarf ohne wesentliche Abstriche befriedigt werden kann. Zu berücksichtigende Kriterien sind hierbei zum Beispiel Größe, Lage und Zuschnitt der jeweiligen Wohnungen.
Grundsätzlich setzt Eigenbedarf nach dem ausdrücklichen Wortlaut voraus, dass eine Wohnnutzung beabsichtigt wird. Was aber gilt wenn der Vermieter die Wohnung zu beruflichen Zwecken nutzen will? In einer Entscheidung vom 26.09.12, Az: VIII ZR 330/11, hat der BGH klargestellt, dass eine solche Kündigung zwar nicht als Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gerechtfertigt sein kann, da hier klar eine Wohnnutzung vorausgesetzt werde. Aufgrund der vergleichbaren Interessenlage und der grundgesetzlich geschützten Berufsfreiheit kann eine solche Kündigung jedoch nach dem allgemeinen Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 1 BGB gerechtfertigt sein.
An dieser Stelle kann nur ein kurzer Überblick über einige Aspekte der Eigenbedarfskündigung gegeben werden. Aufgrund der Komplexität des Kündigungstatbestandes und der sich ständig fortentwickelnden Rechtsprechung, aktuell etwa zur Eigenbedarfskündigung sowohl gewerblich als auch zu Wohnzwecken vermieteter Immobilien, kann im Einzelfall sowohl Mietern als auch Vermietern eine anwaltliche Beratung nur dringend angeraten werden.
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