Arbeitsrecht
Aktuelles zum Thema Wegeunfall
Einen wesentlichen Pfeiler der Sozialversicherung stellt die gesetzliche Unfallversicherung dar. Sinn und Zweck derselben ist es, Arbeitnehmer gegen die Folgen von Unfällen abzusichern, die sie am Arbeitsplatz erleiden. So zahlt etwa die gesetzliche Unfallversicherung im Falle eines Arbeitsunfalls nach Ablauf des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums ein Verletztengeld. Der Höhe nach beläuft sich dies auf 80 % des Regelentgelts und nicht lediglich auf 70 % wie beim Krankengeld. Im Unterschied zum Krankengeld fliessen in die Berechnung des Regelentgelts auch steuerfreie Entgeltbestandteile wie Feiertags- oder Nachtzuschläge ein, so dass der Verletzte sich erheblich besser stellen kann als bei der reinen Krankengeldzahlung. Bei schwerwiegenden Unfällen mit tödlichen Folgen gehören zum Versicherungsschutz auch Entschädigungsleistungen für Angehörige. Abgesichert ist der Arbeitnehmer hierbei nicht nur für Unfälle, die er unmittelbar am Arbeitsplatz erleidet. Eine entsprechende Absicherung besteht selbstverständlich auch für Unfälle, die sich auf dem Weg zur Arbeit oder von der Arbeit nach Hause ereignen.
An das Vorliegen eines sogenannten Wegeunfalls sind dabei jedoch klare Voraussetzungen gestellt. Zu beachten ist hierbei insbesondere, dass der Versicherungsschutz nur für den unmittelbaren Arbeitsweg greift. Anerkannt sind allerdings einige Ausnahmen von diesem Grundsatz. Versichert sind Beschäftige etwa auch auf Umwegen, die erforderlich werden, um Kinder während der Arbeitszeit unterzubringen. Auch Umwege die erforderlich sind, um Fahrgemeinschaften mit anderen Berufstätigen oder Versicherten zu bilden, sind abgesichert. Selbstverständlich besteht auch ein Versicherungsschutz, wenn der Arbeitnehmer eine Umleitung nehmen muss, da der direkte Weg aufgrund der Verkehrslage nicht gewählt werden kann. Wenn jedoch der Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeit oder auf dem Heimweg einen Umweg fährt, um private Angelegenheiten zu erledigen – wie etwa einen Einkauf – ist er auf diesem Umweg gegen die Folgen von Unfällen nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung abgesichert. Versicherungsschutz besteht erst dann, wenn der Arbeitnehmer sich wieder auf dem direkten Weg befindet.
Welche gravierenden Folgen auch nur ein kleiner Umweg haben kann, zeigt aktuell eine Entscheidung des Thüringer Landessozialgerichts vom 21.03.2019. Das Gericht hatte sich mit folgendem Fall zu beschäftigen: Die Klägerin dieses Verfahrens war als Pflegefachkraft bei einem mobilen Pflegedienst beschäftigt. Auf dem Weg zu einer Patientin fasste die Klägerin kurzfristig den Entschluss, eine Bäckerei aufzusuchen, um dort einen Kaffee zu erwerben. Nach ihren Angaben hatte die Klägerin vor, den Kaffee von der Bäckerei mitzunehmen und ihn nach Ende der nächsten Pflegemaßnahme zu trinken. Zu diesem Zweck bog die Klägerin von dem an sich vorgesehen Weg zu der Patientin ab und stellte ihr Fahrzeug in einer Parkbucht vor einer Bäckerei ab. Bei dem Betreten der Bäckerei stolperte sie, fiel hin und zog sich eine Verletzung am Knie zu.
Die beklagte Berufsgenossenschaft verneinte das Vorliegen der Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls. Die hiergegen gerichtete Klage wies sodann auch das zuständige Sozialgericht in erster Instanz ab. Das für die Berufung zuständige Landessozialgericht in Erfurt bestätigte mit der eingangs genannten Entscheidung die Rechtsauffassung der Berufsgenossenschaft und des erstinstanzlich zuständigen Sozialgerichts.
Zur Begründung hat das Landessozialgericht ausgeführt, die konkrete Verrichtung der Klägerin zum Unfallzeitpunkt, nämlich der Kauf eines Bechers Kaffee, habe in keinerlei sachlichem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden.
Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz erfasse gerade nicht alle Tätigkeiten eines Arbeitnehmers am Arbeitsort oder während einer betrieblich veranlassten Fahrt. Versichert war nach Ansicht des Gerichts im hier vorliegenden Fall lediglich der direkte Weg von einem Patienten zum nächsten. Der von der Klägerin gewählte Umweg über die Bäckerei sei als höchstpersönliche Verrichtung tatsächlich nicht versichert. Allgemein führt das Gericht hierzu aus, dass bei sämtlichen Betriebswegen zu prüfen sei, ob die Verrichtung in einem sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehe. Der Umweg zum Zwecke der Nahrungsaufnahme stehe gerade nicht in sachlichem Zusammenhang mit der ausgeübten Beschäftigung.
Gerade für Arbeitnehmer, die im Außendienst beschäftigt sind, dürfte diese Entscheidung von nicht unerheblicher Bedeutung sein. Diese müssen sich stets darüber im Klaren sein, dass ein Umweg, der etwa durch eine kleine Pause veranlasst wird, letztlich nicht versichert sein dürfte. Auch Mitarbeiter, die auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause private Erledigungen verrichten und hierbei vom direkten Weg abweichen, sind nicht versichert gegen die Folgen von Unfällen, die sie auf diesen Umwegen erleiden.
Ein kleiner Umweg kann damit letztlich große Auswirkungen haben. Dies zeigt sich bereits in dem Umstand, dass das Verletztengeld wie eingangs ausgeführt wurde höher ausfällt als das reine Krankengeld. Arbeitnehmern kann daher vorsorglich nur eine entsprechende private Absicherung angeraten werden.
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