Familienrecht
Wenn es in der Ehe kriselt…
Steht eine Trennung an, bricht für viele Ehepartner eine Welt zusammen. Eine Trennung ist häufig auch mit der Angst vor finanziellen Sorgen verknüpft. Wenn dann noch gemeinsame Kinder oder eine bislang gemeinsam genutzte Immobilie vorhanden sind, wird die Situation für die Beteiligten oft unüberschaubar. Folgende Fragen stellen sich: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um sich scheiden lassen zu können? Was wird aus den Kindern, bei welchem Elternteil werden sie leben? Ändert sich bzgl. des Sorgerechts etwas? Habe ich Anspruch auf Unterhalt? Was geschieht mit dem gemeinsamen Haus? Wer zahlt künftig die Schulden ab?
Leben die Ehegatten mindestens ein Jahr voneinander getrennt, kann jeder von ihnen – vertreten durch einen Rechtsanwalt – beim örtlich zuständigen Amtsgericht einen Scheidungsantrag stellen. Das Amtsgericht führt mit dem Scheidungsverfahren den sog. Versorgungsausgleich durch. Hierbei werden die Anwartschaften, die beide Ehegatten während der Ehezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung und in privaten Altersvorsorgeverträgen – sofern vorhanden – erwirtschaftet haben, jeweils hälftig geteilt. Der Versorgungsausgleich bezweckt, dass unterm Strich die Rentenanwartschaften beider Ehegatten für den Zeitraum der Ehe gleich hoch sind. Der Versorgungsausgleich soll den Umstand ausgleichen, dass einer der Ehegatten während der Ehe in der Regel beruflich wegen der Kinderbetreuung kürzer tritt.
Im Rahmen der Trennung und Scheidung sind darüber hinaus die Vermögensverhältnisse der Ehepartner zu regeln. Sofern kein Ehevertrag vorhanden ist, leben die Ehepartner im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dieser sieht vor, dass jeder Ehegatte während der Ehezeit sein eigenes Vermögen erwirtschaftet. Im Zugewinnverfahren wird der Vermögenszuwachs eines jeden Ehegatten, ähnlich wie im Versorgungsausgleich, jeweils hälftig geteilt. Die größten Unsicherheiten liegen hier in der Bewertung einzelner Vermögensgegenstände. Sind Immobilien oder Unternehmen vorhanden, kann die Zugewinnausgleichsforderung letztlich erst nach Einholung kostspieliger Sachverständigengutachten beziffert werden. Um Kosten und Risiken zu vermeiden, empfiehlt es sich daher, sich gütlich zu einigen bzw. eine sog. Scheidungsfolgenvereinbarung vor einem Notar zu schließen.
Unmittelbar mit der Trennung entsteht der Anspruch auf Unterhalt für den Ehepartner und die Kinder. Der Kindesunterhaltsanspruch bemisst sich nach der Düsseldorfer Tabelle und orientiert sich am Nettoeinkommen des nicht betreuenden Ehepartners. Trennungsunterhalt steht dem wirtschaftlich schlechter gestellten Ehepartner zu, sofern der andere leistungsfähig ist, d.h., über Einkünfte verfügt, die über dem ihm gegenüber getrennt lebenden Ehegatten zustehenden Selbstbehalt liegen. Wer Trennungsunterhalt beansprucht, kann im ersten Trennungsjahr nicht dazu angehalten werden, seine Erwerbstätigkeit auszuweiten oder eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sofern er während der Ehe nicht erwerbstätig war. Nach Ablauf des Trennungsjahres hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob und in welcher Höhe ein Anspruch auf Trennungsunterhalt noch besteht. Hier spielen u.a. das Alter der gemeinsamen Kinder und deren konkrete Betreuungsmöglichkeit (Öffnungszeiten Kita pp.) sowie darüber hinaus die Berufsausbildung und die reale Beschäftigungschance des den Trennungsunterhalt beanspruchenden Ehegatten eine Rolle.
Kernbereich des Familienrechts ist darüber hinaus das Sorgerecht. Wird ein Kind in die Ehe geboren, steht den Eltern das Sorgerecht gemeinsam zu. Hieran ändern Trennung und Scheidung nichts. Auch nach Trennung und Scheidung bleibt es grundsätzlich beim gemeinsamen Sorgerecht. Über wesentliche Belange das Kind betreffend (Schulanmeldung, Kontoeröffnung etc.) können getrennt lebende Eltern daher auch weiterhin nur gemeinsamen entscheiden. Über Belange des alltäglichen Lebens entscheidet das Elternteil, bei dem sich das Kind gerade aufhält. Bei streitigen Fragen betreffend des Sorgerechts gibt es häufig keine allgemeingültigen Antworten; jeder Einzelfall ist gesondert gewissenhaft zu prüfen.
Leben die Eltern eines minderjährigen Kindes getrennt bzw. sind sie geschieden, kann jeder Elternteil grundsätzlich Kontakt zu seinem Kind einfordern, und zwar unabhängig davon, ob er das Sorgerecht gemeinsam mit dem anderen Elternteil oder gar nicht ausübt. Jedes Kind hat ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil und jedes Elternteil ist zum Umgang mit seinem Kind verpflichtet und berechtigt.
Die Praxis hat gezeigt, dass gerade dies nach einer Trennung oftmals nicht mehr so selbstverständlich ist. Eltern, die durch die Trennung emotional belastet sind, fällt es häufig schwer, einen guten und sachlichen Kontakt zum anderen Elternteil zu halten. Sie sind oft nicht in der Lage, die Modalitäten des Umgangs untereinander zu regeln, da dies eine gewisse Kooperations- und Kompromissbereitschaft erfordert. Hinzu kommt, dass die Interessen bzgl. Häufigkeit und Dauer des Besuchs des Kindes beim anderen Elternteil divergieren. Konfliktträchtig ist darüber hinaus die Frage, ob das Kind, gerade wenn es noch klein ist, beim anderen Elternteil übernachten oder gar mit ihm in den Urlaub fahren darf. Fragen nach der konkreten Ausgestaltung des Umgangs stellen sich insbesondere dann, wenn ein Elternteil sehr weit weg oder im Ausland lebt.
Das Familienrecht umfasst dieses große Spektrum regelungsbedürftiger Aspekte. Weil es sich um eine komplexe Materie handelt und die Auswirkungen für die Beteiligten existenziell sind, ist es dringend zu empfehlen, sich frühzeitig fachanwaltlich beraten zu lassen.
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