Familienrecht
Trennungsunterhalt auch bei Zusammenleben mit neuem Partner?
Leben Ehegatten getrennt, so kann gem. § 1363 Abs. 1 BGB ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen.
Gem. § 1360 Abs. 1 BGB sind Ehegatten einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Dieser in natura erfüllbare Anspruch auf Familienunterhalt wandelt sich nach der Trennung in einen Anspruch auf Geld um. Der Sinn und Zweck des Anspruchs auf Trennungsunterhalt besteht darin, dass trotz der Trennung das Eheband noch besteht und jedenfalls in der Anfangsphase nicht voraussehbar ist, ob die Ehe geschieden wird oder ob es zur Versöhnung kommt. Dem wirtschaftlich schwächeren Ehepartner steht daher gegen den wirtschaftlich stärkeren Ehepartner ein Anspruch auf Trennungsunterhalt zu. Trennungsunterhalt kann bis zur Rechtskraft der Scheidung verlangt werden.
Allerdings findet gem. § 1361 Abs. 3 BGB auf den Trennungsunterhalt die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 BGB Anwendung. Danach kann der Unterhalt wegen grober Unbilligkeit beschränkt oder sogar versagt werden, wenn der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner lebt. Wenn der Unterhaltsberechtigte sich durch einen neuen Partner endgültig aus der ehelichen Solidarität löst und dadurch zu erkennen gibt, dass er dieser Solidarität nicht mehr bedarf, kann es für den anderen Ehegatten unzumutbar sein, weiterhin Unterhalt zu zahlen.
Ob eine sog. „verfestigte Lebensgemeinschaft“ vorliegt, beurteilt sich danach, ob die neuen Partner wechselseitig füreinander einstehen, indem sie sich gegenseitig Hilfe und Unterstützung gewähren und damit das Zusammenleben ähnlich gestalten wie Ehegatten. Maßgeblich ist auch das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit. Indizien in diesem Zusammenhang sind die gemeinsame Freizeit und Urlaubsgestaltung, das gemeinsame Verbringen von Feiertagen und Familienfesten.
Ab wann eine solche verfestigte Lebensgemeinschaft anzunehmen ist, ergibt sich aus dem Gesetz allerdings nicht. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass in der Regel ein Zeitraum von 2-3 Jahren vergangen sein muss, bevor von einer verfestigten Lebensgemeinschaft gesprochen werden kann. Etwas anderes gilt, wenn aufgrund besonderer Umstände schon früher auf eine hinreichende Verfestigung geschlossen werden kann, insbesondere bei gemeinsamen erheblichen Investitionen oder bei der Geburt eines gemeinsamen Kindes. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die neuen Partner räumlich zusammenleben. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft kann auch vorliegen, wenn die Partner in getrennten Wohnungen leben.
Das OLG Oldenburg hat in seinem Hinweisbeschluss vom 16.11.2016, Az. 4 UF 78/16, deutlich gemacht, dass der Anspruch auf Trennungsunterhalt auch schon früher wegfallen kann. In dem zugrunde liegenden Fall ging es um eine Frau, die von ihrem Mann Trennungsunterhalt erhielt. Sie führte eine Beziehung zu einem anderen Mann und zog, nachdem die Beziehung ein Jahr anhielt, in dessen Haushalt ein. Sie traten nach außen als Paar auf, verbrachten Urlaube gemeinsam und nahmen gemeinsam an Familienfesten teil. Der Sohn aus der Ehe nannte den neuen Partner „Papa“.
Der frühere Ehemann beantragte beim Familiengericht Cloppenburg, keinen Trennungsunterhalt mehr zahlen zu müssen. Das Familiengericht gab dem Ehemann Recht. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts legte die Frau Beschwerde zum OLG Oldenburg ein. Das OLG bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Zur Begründung führte es aus, die Frau habe sich mit ihrem neuen Partner endgültig aus der ehelichen Solidarität gelöst und zu erkennen gegeben, dass sie diese auch nicht mehr benötige. In einer solchen Konstellation könne auch bereits nach einem Jahr von einer verfestigten Lebensgemeinschaft ausgegangen werden. Eine Unterhaltsverpflichtung des früheren Ehemannes sei diesem nicht mehr zumutbar.
Abzugrenzen von der Konstellation der verfestigten Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1579 Nr. 2 BGB, wodurch der Anspruch auf Trennungsunterhalt entfallen kann, ist die Frage, inwieweit das Zusammenleben des Unterhaltsberechtigten mit einem neuen Partner, ohne dass es sich hierbei schon um eine verfestigte Lebensgemeinschaft handeln muss, unterhaltsrechtlich zu bewerten ist. Inwieweit ist das Einkommen des Unterhaltsberechtigten bei der Unterhaltsberechnung ggf. fiktiv zu erhöhen?
Hier sehen die unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Oberlandesgerichts Oldenburg vor, dass für Haushaltsführungsleistungen in einer nichtehelichen Partnerschaft auf Seiten des Unterhaltsberechtigten ein wirtschaftlicher Vorteil anzusetzen ist, sofern nicht die Leistungsunfähigkeit des neuen Partners feststeht. Dieser Vorteil wird im Regelfall mit 500,00 € bewertet, das Einkommen des Unterhaltsberechtigten bei der Berechnung des
Anspruchs auf Trennungsunterhalt also um diesen Betrag fiktiv erhöht. Andere Oberlandesgerichte beurteilen das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft mit einem neuen Partner unter dem Gesichtspunkt ersparter Wohn- und Haushaltskosten, welche die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten mindern bzw. dessen Leistungsfähigkeit steigern. Betragsmäßig werden hier in der Regel 10 % des Eigenbedarfs, welcher aktuell bei 1.280,00 € gegenüber getrenntlebenden Ehegatten liegt, angesetzt, sog. „Haushaltsersparnis“.
Das Vorhandensein einer verfestigten Lebensgemeinschaft kann den Anspruch auf Trennungsunterhalt bereits nach einjähriger Beziehung zum neuen Partner entfallen lassen. Hier kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an. Fachanwaltliche Beratung ist sowohl aus der Sicht des Unterhaltsverpflichteten als auch aus der Warte des Unterhaltsberechtigten unerlässlich.
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