Allgemein
Rechtsirrtümer im Kaufvertragsrecht
In der anwaltlichen Beratungspraxis ist regelmäßig festzustellen, dass im Alltag zahlreiche Irrtümer in Rechtsfragen kursieren, die das Rechtsverständnis nicht unerheblich prägen. Mit einigen dieser Irrtümer wollen wir uns im Nachfolgenden befassen:
Ein Schwerpunkt der Legendenbildung findet sich im Kaufvertragsrecht. So wird u.a. häufig genug angenommen, dass regelmäßig dann, wenn eine gekaufte Ware zu einem späteren Zeitpunkt einen Defekt aufweist, der Verkäufer hierfür in jedem Fall haften müsse. Hintergrund dieser Annahme ist die Vorstellung, der Verkäufer sei ohne weiteres in der Garantiepflicht. Übersehen wird hierbei, dass Garantie und die gesetzlich an sich nur vorgesehene Mängelhaftung völlig unterschiedliche Rechtsbegriffe sind, die immer wieder verwechselt, falsch verstanden oder nicht richtig angewendet werden.
Aus den gesetzlichen Regelungen ergibt sich ausschließlich nur die sogenannte Mängelhaftung. So bestehen Gewährleistungsrechte dann, wenn innerhalb der Gewährleistungsfrist ein Fehler auftritt, der entweder schon bestand in dem Zeitpunkt, in dem die Kaufsache übergeben worden ist, oder zumindest zu diesem Zeitpunkt schon unausweislich in der Sache angelegt war. Die Gewährleistungsfrist beträgt 24 Monate und kann bei Gebrauchtwaren per AGB oder Vereinbarung zwischen beiden Parteien auf 12 Monate verkürzt werden. Sie kann aber nicht vertraglich ausgeschlossen werden. Ist der Käufer ein Verbraucher, so besteht innerhalb der ersten sechs Monate ab Übergabe der Kaufsache eine gesetzliche Vermutung dafür, dass der Mangel schon bei Übergabe der Kaufsache vorhanden war. Falsch ist aber, dass der Verkäufer ohne weiteres für solche Fehler haftet, die ohne schon in der Sache selber angelegt gewesen zu sein nach der Übergabe auftreten. Derartige Defekte sind von der gesetzlichen Mangelhaftung nicht erfasst. Grundlegend anders ist dies im Fall der Übernahme einer Garantie. In diesem Rahmen garantiert der Verkäufer dafür, dass eine Sache für einen genau bestimmten Zeitraum Fehler oder bestimmte Arten von Fehlern nicht aufweist und zwar unabhängig davon, ob diese bei der Übergabe schon angelegt waren oder nicht. Eine derartige Garantie ist aber entgegen einer landläufigen Meinung ausschließlich eine freiwillige Leistung. Übernimmt der Verkäufer freiwillig keine Garantie, hat der Käufer lediglich die gesetzlichen Mängelgewährleistungsansprüche; in der Regel also einen Anspruch auf Lieferung einer neuen Sache oder einen Anspruch auf Reparaturdurchführung.
Rechtsirrig wird in diesem Zusammenhang auch oft angenommen, im Falle eines Defekts bestehe ein automatischer Garantieanspruch gegen den Hersteller. Dies ist tatsächlich gerade nicht der Fall, da – wie vorstehend bereits gesagt – die Garantie eine rein freiwillige Leistung ist. Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang im Übrigen auch, dass die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche sich zunächst ausschließlich gegen den Verkäufer einer Sache richten, nicht jedoch gegen den Hersteller. So kann der Käufer die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche nur gegenüber seinem eigentlichen Vertragspartner geltend machen. Zugleich ist es dem Verkäufer einer Sache verwehrt, den Käufer in derartigen Fällen an den Hersteller zu verweisen und Ansprüche im Falle eines Mangels abzulehnen.
Ein weiteres Gerücht, dass oft und gerne weiterverbreitet wird besagt, dass es den Käu¬fern grundsätzlich möglich sei, innerhalb einer Frist von 14 Tagen die Ware zurückzugeben und von dem Vertrag zurückzutreten. Dies ist gerade nicht der Fall. Es gilt vielmehr der gute alte lateinische Rechtsgrundsatz “pacta sunt servanda” – Verträge sind zu halten! Lediglich dann, wenn ein solches Recht zum Rücktritt vertraglich vorbehalten ist, ist dies möglich.
Darüberhinaus gibt es ein 14-tägiges Widerrufs- oder Rückgaberecht nach diversen Verbraucherschutzvorschriften für bestimmte Arten von Verträgen, wie etwa Haustürgeschäfte oder sogenannte Fernabsatzverträge, etwa bei Abschluss von Kaufverträgen mit Online-Händlern.
Irritationen entstehen im Kaufvertragsrecht oft genug auch in an sich völlig alltäglichen Situationen. Ein Beispiel: Ein Kunde steht im Supermarkt an der Kasse und ist völlig überrascht, als die Kassiererin ihm einen höheren Preis nennt, als denjenigen, mit dem der Artikel, den er sich ausgesucht hat, ausgezeichnet ist. Er beharrt darauf, nur das zahlen zu wollen, was auf dem Preisschild steht. Zu recht? Nein! Rechtstechnisch gesehen ist es keineswegs so, dass der Händler mit der Auszeichnung der Ware und dem Bereitlegen im Markt bereits ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages zu gerade diesem Preis abgibt. Es ist vielmehr umgekehrt so, dass der Kunde mit dem Vorlegen der Ware an der Kasse erst das Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages abgibt und es dem Händler freisteht, ob und zu welchem Preis er dieses Angebot annimmt. Der Kunde kann aus diesem Grunde gerade nicht verlangen, die Ware zu dem womöglich fehlerhaft ausgezeichneten Preis übereignet zu bekommen.
Die Auflistung alltäglicher Rechtsirrtümer könnte auch außerhalb des Kaufvertragsrechts noch in großem Umfang fortgesetzt werden. Dies zeigt, dass man letztlich gut beraten ist, im Streitfalle anwaltlichen Rat einzuholen, um zu vermeiden, nicht ebenfalls Opfer weit verbreiteter Gerüchte zu werden.
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