Allgemein
Pauschalreisen in Zeiten der Corona-Pandemie
Bereits im vergangenen Monat mussten wir uns im Rahmen dieser Artikel-Reihe mit den Folgen der gegenwärtig immer noch vorherrschenden Covid-19-Pandemie beschäftigen. Die Situation ist weitgehend unverändert, wenn auch gegenwärtig erste Lockerungen der bisherigen Beschränkungen vorgenommen werden. Gleichwohl sind wir alle auch weiterhin – selbst wenn wir von einer Infektion bislang verschont geblieben sein sollten – erheblichen Einschränkungen in der persönlichen Lebensführung unterworfen. Viele von uns haben sich auf den herannahenden Sommer und die damit verbundene Ferienzeit gefreut. In vielen Fällen sind schon entsprechende Urlaubsreisen in Zeiten vor der Pandemie gebucht worden. Verständlicherweise besteht in diesen Fällen gegenwärtig die Unsicherheit, ob die geplanten Reisen überhaupt angetreten werden können. Auch wenn dies zumindest rechtlich zulässig sein sollte, besteht oftmals die Befürchtung, einen bereits gebuchten Urlaub nicht sorgenfrei erleben zu können vor dem Hintergrund weiterhin drohender gesundheitlicher Beeinträchtigungen und Gefahren. Oftmals wird daher gefragt, ob es möglich sei, eine bereits gebuchte Pauschalreise zu stornieren, ohne auf den in den entsprechenden Pauschalreiseverträgen in der Regel vereinbarten nicht unerheblichen Stornogebühren sitzen zu bleiben. Zu differenzieren ist hierbei sicherlich zunächst nach dem Zeitpunkt der Reise und etwaig noch bestehenden Reisebeschränkungen. Steht eine Reise unmittelbar bevor in ein Land, das aktuell Einreisen schlicht nicht zulässt, so wird es ohne weiteres möglich sein, die gebuchte Reise kostenfrei zu stornieren. Auch wird durchgängig davon ausgegangen, dass eine kostenfreie Stornierung der Reise möglich ist, solange der Reisebeginn in den Zeitraum der aktuell vom Auswärtigen Amt bis zum 14.06.2020 verlängerten weltweiten Reisewarnung fallen sollte. In diesen Fällen kann eine Stornierung der Reise ohne weiteres durchgeführt werden. Bereits geleistete Anzahlungen sind dabei nach der aktuell geltenden Rechtslage zu erstatten. Oftmals wird von Reiseveranstaltern nach einer erfolgten Stornierung vorgebracht, es bestehe lediglich ein Anspruch auf Erstellung eines entsprechenden Reisegutscheins. Selbstverständlich bleibt es jedem überlassen, ein derartiges Angebot anzunehmen. Sofern vor diesem Hintergrund ein Gutschein nicht akzeptiert wird, ließe sich ein Anspruch auf Rückzahlung einer geleisteten Anzahlung nach der aktuellen Rechtslage auch ohne weiteres durchsetzen. Zu beachten ist hierbei, dass der Reiseveranstalter nach der gesetzlichen Regelung des § 651 h Abs. 5 BGB verpflichtet ist, den Reisepreis infolge eines Rücktritts unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt zu leisten. Soweit seitens der großen Koalition angedacht worden war, die bisher bestehende gesetzliche Regelung dahingehend zu ändern, dass die Reiseveranstalter ihrer Verpflichtung zur Rückzahlung tatsächlich durch Erstellung von Gutscheinen nachkommen können sollten, so scheint nach der aktuellen Berichterstattung angesichts des Umstands, dass dieser Rechtsbereich auch europarechtlich relevant ist und ein nationaler Alleingang kaum möglich sein dürfte, vom Tisch zu sein.
Fraglich und umstritten ist jedoch die Rechtslage für den Fall, dass die aktuelle weltweite Reisewarnung nicht verlängert werden sollte, der geplante Reisebeginn jedoch womöglich zeitlich nur kurz nach Ende der Reisewarnung liegt.
Insoweit wird im allgemeinen zunächst angenommen, dass eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes nicht zwangsläufig erforderlich ist, um ein Recht auf eine kostenfreie Stornierung zu begründen. Denn ohne Reisewarnung können die Voraussetzungen hierfür auch gegeben sein.
Ein Recht zur kostenfreien Stornierung besteht nämlich immer dann nach § 651 h Abs. 3 BGB, wenn am vorgesehenen Bestimmungsort unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen können. Als ausreichend wird insoweit eine hohe Wahrscheinlichkeit angesehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung eintritt. So hatte etwa der Bundesgerichtshof in der sogenannten “Hurricane-Entscheidung” zur seinerzeit geltenden Rechtslage die Auffassung vertreten, dass schon eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 4 für das Eintreffen eines Wirbelsturms im Zielgebiet ausreiche, um eine erhebliche Beeinträchtigung anzunehmen mit der Folge des Rechts zur kostenfreien Stornierung der Reise. Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung wird nunmehr vermehrt davon ausgegangen, dass auch zum jetzigen Zeitpunkt unabhängig von der aktuell geltenden Reisewarnung die Möglichkeit bestehe, kostenfrei solche Reisen zu stornieren, die bis zum Ablauf des Monats August 2020 geplant seien. Zur Begründung wird u.a. herangezogen, dass nach den Signalen, die im Hinblick auf die Durchführung von Reisen im Sommer 2020 von den hierfür entscheidenden Stellen kommen, zumindest von einer sehr erheblichen Wahrscheinlichkeit auszugehen sei, dass auch über den 14.06.2020 hinaus Reisen nicht durchgeführt werden können.
Ausdrücklich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Rechtsfrage bislang nicht abschließend geklärt ist. Angesichts der schnellen Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse ist es im Übrigen durchaus möglich, dass in dem Zeitpunkt, in dem Sie diesen Artikel lesen, sich die zugrundeliegenden Tatsachen bereits geändert haben. Allen, die sich begründete Sorgen um ihren bereits gebuchten Sommerurlaub machen, kann daher im Einzelfall nur angeraten werden, sich rechtlich beraten zu lassen.
Hinzuweisen ist abschließend gleichfalls darauf, dass sich die vorstehenden Ausführungen lediglich auf Pauschalreisen beziehen. Für individuell gebuchte Reisen mit einzelnen Reiseleistungen, wie etwa gebuchten Hotelunterkünften sieht die Rechtslage anders aus, worauf jedoch im Rahmen dieses Artikels nicht eingegangen werden kann.
Bleiben Sie bitte gesund!
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