Familienrecht
Patchworkfamilien und die Nachnamen der Kinder
§ 1618 S. 1 BGB besagt, dass der Elternteil, dem die elterliche Sorge für ein Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil zusteht, und sein Ehegatte, der nicht Elternteil des Kindes ist, dem Kind, das sie in ihren gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben, durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten ihren Ehenamen erteilen können. Diese Auswechslung des Nachnamens minderjähriger Kinder, deren einer Elternteil wieder heiratet und der ihm zusammen mit dem Stiefelternteil deren gemeinsamen Ehenamen erteilt, nennt man „Einbenennung“.
§ 1618 S. 3 BGB ergänzt, dass die Änderung des Nachnamens eines minderjährigen Kindes der Einwilligung des anderen Elternteils bedarf, wenn diesem entweder die elterliche Sorge gemeinsam mit dem Namen erteilenden Elternteil zusteht oder wenn das Kind seinen Namen führt. Kinder, die 5 Jahre und älter sind, müssen ebenfalls zustimmen.
Gem. § 1618 S. 4 BGB kann das Familiengericht die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Das Saarländische Oberlandesgericht hatte sich mit den Voraussetzungen zu befassen, unter denen die Einbenennung zum Wohle des Kindes erforderlich ist, so dass diese auch gegen den Willen des anderen Elternteils erfolgen kann. Dem Beschluss des Saarländischen OLG vom 05.05.2022, Az. 6 WF 54/22, lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Antragstellerin ist die allein sorgeberechtigte Mutter ihres 15jährigen Sohnes. Mit dem Vater war und ist sie nicht verheiratet. Die Mutter hatte entschieden, dass ihr Sohn den Nachnamen des Vaters haben soll. Nach der Trennung vom Kindesvater heiratete die Mutter erneut. Sie trägt nun den Nachnamen ihres Ehemannes als Ehenamen und möchte, dass ihr Sohn ebenfalls den Ehenamen als Nachnamen erhält. Der Vater verweigerte seine Zustimmung, so dass die Kindesmutter beim Familiengericht einen Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Kindesvaters zur Einbenennung stellte. Das Familiengericht hörte die Kindesmutter persönlich an, dem Jugendamt und dem Vater setzte es eine Frist zur Stellungnahme. Während das Jugendamt die Einbenennung befürwortete, äußerte der Kindesvater sich innerhalb der Frist nicht. Das Familiengericht ersetzte sodann die fehlende Zustimmung des Kindesvaters. Gegen diesen Beschluss legte der Vater Beschwerde zum OLG ein.
Das OLG führte zu den Voraussetzungen der gerichtlichen Ersetzung der Einwilligung des anderen Elternteils zunächst allgemein aus, dass dies regelmäßig nur dann in Betracht komme, wenn eine Zerschneidung des namensrechtlichen Bandes zwischen dem Kind und dem nicht sorgeberechtigten Elternteil zum Wohle des Kindes unabdingbar notwendig ist. Es müssten- so das OLG weiter- konkrete Umstände vorliegen, die das Kindeswohl gefährden und die eine Einbenennung unerlässlich machen, um Schäden von dem Kind abzuwenden. Dabei seien die grundsätzlich gleichrangigen Kindes- und Elterninteressen umfassend gegeneinander abzuwägen. Auf der einen Seite sei die Integration in die Stieffamilie ein wichtiger Kindesbelang, auf der anderen Seite sei aber auch die Kontinuität der Namensführung zu berücksichtigen. Zugleich sei die Beibehaltung des mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil gemeinsamen Namens ein äußeres Zeichen der für das Wohl des Kindes wichtigen Aufrechterhaltung der Beziehung zu diesem Elternteil. Sofern der Kontakt zum anderen Elternteil bereits eingeschränkt oder gefährdet sei, könne die Einbenennung zu einer nach außen sichtbaren und endgültigen Ablösung von ihm führen, was mit dem Kindeswohl nicht zu vereinen sei.
Das OLG machte deutlich, dass allein die Nachteile, die typischerweise für Kinder in einer Patchworkfamilie mit der bestehenden Namensverschiedenheit verbunden sind und die nicht über das übliche und stets hinzunehmende Maß hinausgehen, nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein können. Die Einbettung des Kindes in die neue Familie- so das OLG weiter- hänge weniger von dem vom Kind geführten Namen als mehr vom Funktionieren des innerfamiliären Beziehungsgeflechts ab. Sofern der sorgeberechtigte Elternteil und der neue Partner gemeinsam darauf hinwirkten, dass jedem Familienmitglied die erforderliche Beachtung geschenkt wird, könne der geführte Name für die Entwicklung des Kindes keine Rolle spielen, insbesondere nicht dazu führen, dass das Kind sich ausgeschlossen fühlt. Auch der dringende Wunsch des Kindes nach einer Namensänderung spiele eine ebenso geringe Rolle, da es dem sorgeberechtigten Elternteil obliege, dem Kind die Gründe für die Namensverschiedenheit und die in der Namensführung zum Ausdruck kommende Verbundenheit mit dem nichtsorgeberechtigten Elternteil zu erklären.
Im vorliegenden Fall traf das OLG keine Entscheidung in der Sache, sondern verwies das Verfahren zurück an das Familiengericht. Das OLG stützte sich auf § 160 Abs. 1 FamFG, welcher vorsieht, dass die Eltern in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, persönlich angehört werden sollen. Auch der nichtsorgeberechtigte Elternteil sei persönlich anzuhören, um sich einen unmittelbaren Eindruck von diesem zu verschaffen und seine Interessen, Motive und besonderen persönlichen Gesichtspunkte und auch seine emotionale Haltung zum Kind festzustellen. Dies war im erstinstanzlichen Verfahren unterblieben.
Die Ausführungen des OLG zeigen, dass die Einbenennung eines Kindes kein Selbstläufer ist. Die Gerichte verkennen die durch die Namensführung nach außen zum Ausdruck kommende Verbundenheit zum anderen Elternteil nicht. Um eine Einbenennung auch gegen den Willen des anderen Elternteils erfolgreich zu erwirken, ist fachanwaltliche Beratung und Unterstützung unerlässlich.
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