Familienrecht
Neue Düsseldorfer Tabelle zum 01.01.2023
Gem. § 1610 Abs. 1 BGB bestimmt sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Geschuldet ist der „angemessene Unterhalt“. Was jedoch darunter zu verstehen ist und was das in Zahlen heißt, ergibt sich leider nicht aus dem Gesetz.
Deshalb wird von allen Oberlandesgerichten zur Bestimmung des Kindesunterhalts die Düsseldorfer Tabelle verwendet. Der Düsseldorfer Tabelle kommt keine rechtliche Wirkung zu, sie stellt eine bloße Richtlinie bzw. ein Hilfsmittel bei der Bemessung des angemessenen Unterhalts dar. Das Oberlandesgericht Düsseldorf gibt die Tabelle seit dem 01.01.1979 heraus. Sie wird unter Beteiligung und in Abstimmung sämtlicher Oberlandesgerichte und der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichts e.V. erstellt. In den vergangenen Jahrzehnten wurde die Tabelle mehrfach, fast jährlich, an die aktuellen Lebensverhältnisse angepasst. Die jüngste Änderung ist zum 01.01.2023 in Kraft getreten.
Die Änderungen gegenüber der bislang gültigen Tabelle betreffen im Wesentlichen
- die Unterhaltsbedarfssätze minderjähriger und volljähriger Kinder
- den Bedarf eines studierenden Kindes und
- der dem Unterhaltspflichtigen zustehende Selbstbehalt.
Die Tabellenstruktur ist gegenüber der bislang gültigen Tabelle unverändert. Es bleibt bei den bisherigen 15 Einkommensgruppen. Auch die aktuelle Fassung der Düsseldorfer Tabelle geht von zwei unterhaltsberechtigten Kindern aus, so dass Höher- oder Herabstufungen bei weniger oder mehr tatsächlich vorhandenen Kindern in Betracht kommen.
Unterhaltsbedarf minderjähriger Kinder:
Die Bedarfssätze minderjähriger Kinder wurden angehoben. Der Mindestunterhaltsbedarf in der ersten Einkommensgruppe (bis 1.900,00 €) für ein Kind in der 1. Altersstufe (0-5 Jahre) beträgt seit dem 01.01.2023 437,00 € und ist damit um 41,00 € gegenüber der bisher gültigen Tabelle gestiegen. Für Kinder in der 2. Altersstufe (6-11 Jahre) beläuft sich der Mindestunterhaltsbedarf auf 502,00 € gegenüber 455,00 € im Vorjahr. Für Kinder in der 3. Altersstufe (12-17 Jahre) beträgt der Mindestunterhaltsbedarf in der ersten Einkommensgruppe 588,00 € gegenüber 533,00 € im Vorjahr.
Unterhaltsbedarf studierender Kinder:
Bei volljährigen Kindern ist zwischen Kindern mit eigenem Hausstand und im Haushalt eines Elternteils lebenden Kindern zu unterscheiden. Der Unterhaltsbedarf eines volljährigen Kindes im Haushalt eines Elternteils bemisst sich nach der Düsseldorfer Tabelle und beträgt seit dem 01.01.2023 in der ersten Einkommensgruppe 628,00 € gegenüber 569,00 € im Vorjahr. Der Bedarfssatz eines studierenden Kindes, das nicht bei seinen Eltern lebt, ist gegenüber dem Vorjahr von 860,00 € auf 930,00 € angehoben worden.
Auf den Barunterhaltsanspruch ist gem. § 1612b BGB das Kindergeld anzurechnen, bei minderjährigen Kindern zur Hälfte, bei volljährigen Kindern erfolgt eine Anrechnung auf den Bedarf in voller Höhe. Auch beim Kindergeld hat sich etwas geändert. Dieses beträgt seit dem 01.01.2023 einheitlich 250,00 € pro Kind. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies eine Erhöhung um 31,00 € für das erste und zweite Kind und um 25,00 € für das 3. Kind. Die sich nach Abzug des Kindergeldanteils ergebenden Unterhaltszahlbeträge sind im Anhang der aktuellen Tabelle aufgelistet.
Erhöhung der Selbstbehalte:
Die Selbstbehalte, die zuletzt zum 01.01.2020 angehoben wurden, wurden angesichts gestiegener Lebenshaltungskosten ebenfalls erhöht. Bei den Selbstbehalten wird danach differenziert, ob der Unterhaltspflichtige erwerbstätig ist oder nicht. Der Selbstbehalt des nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen gegenüber minderjährigen Kindern beläuft sich seit dem 01.01.2023 auf 1.120,00 € und lag bisher bei 960,00 €. Für den erwerbstätigen Unterhaltsschuldner beläuft sich der Selbstbehalt gegenüber minderjährigen Kindern auf 1.370,00 € statt bisher auf 1.160,00 €.
Gegenüber volljährigen Kindern beläuft sich der dem Unterhaltsschuldner zu belassende Selbstbehalt seit dem 01.01.2023 auf 1.650,00 € und wurde damit um 250,00 € angehoben.
Auch beim Ehegattenunterhalt wurde der dem Unterhaltsschuldner zustehende Selbstbehalt von 1.280,00 € auf 1.510,00 € erhöht. Der dem nicht erwerbstätigen Unterhaltsschuldner gegenüber seinem Ehegatten zustehende Selbstbehalt beläuft sich seit dem 01.01.2023 auf 1.385,00 €.
Fazit:
Die Änderung der Düsseldorfer Tabelle macht eine Überprüfung vieler Unterhaltstitel, bei denen es sich um Jugendamtsurkunden oder Gerichtsbeschlüsse handeln kann, erforderlich. Dynamische Unterhaltstitel berücksichtigen die Entwicklungen in der Düsseldorfer Tabelle bereits und laufen so weiter. Geschuldet ist bei diesen Titeln der sich aus der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle ergebende Unterhaltsbedarf abzüglich des jeweils geltenden Kindergeldanteils. In diesen Fällen ist der erhöhte Unterhaltsbetrag geschuldet, ohne dass der Titel abgeändert bzw. angepasst werden müsste.
Titel, die nicht dynamisch, sondern starr sind und auf einen festen Unterhaltszahlbetrag lauten, müssten angepasst bzw. abgeändert werden. Den Unterhaltsberechtigten ist daher dringend anzuraten, sich hierzu fachanwaltlich beraten zu lassen.
In allen Fällen ist auf der anderen Seite den Unterhaltsschuldnern anzuraten, anwaltlich prüfen zu lassen, ob im Hinblick auf die gestiegenen Selbstbehalte eine Leistungsfähigkeit in der titulierten Höhe noch besteht. Da dies vielfach nicht der Fall sein dürfte, wird die Änderung der Düsseldorfer Tabelle eine Reihe von Unterhaltsabänderungsverfahren nach sich ziehen.
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