Allgemein
Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit?
Bedingt durch die Covid-19-Pandemie mussten Arbeitgeber und Arbeitnehmer weitgehende wirtschaftliche Einschnitte hinnehmen. Viele Betriebe von der Gastronomie über den Tourismus bis hin zu Handwerk und Industrie waren zur Einführung von Kurzarbeit gezwungen. Oftmals kam und kommt es immer noch zu Betriebsschließungen, die die sogenannte Kurzarbeit Null mit sich brachten. Sowohl für die Arbeitgeberseite, als auch für die Arbeitnehmerseite brachte dies erhebliche Einschnitte auch existenzbedrohender Natur mit sich. Nicht überraschend ist daher, dass auf Seiten der Arbeitgeber die Frage diskutiert wird, welche Auswirkungen die Kurzarbeit auf den Urlaubsanspruch der Mitarbeiter hat und ob dieser im Hinblick auf eine angeordnete Kurzarbeit gekürzt werden kann.
Nach dem Bundesurlaubsgesetz steht jedem Arbeitnehmer ein Mindesturlaubsanspruch im Umfang von 4 Wochen zu. Die deutsche Gesetzgebung deckt sich insoweit mit der entsprechenden Europäischen Arbeitszeitrichtlinie. Ein längerer Jahresurlaub ist oftmals in individuellen Arbeitsverträgen oder auch in Tarifverträgen vorgesehen.
Eine gesetzliche Regelung zur Frage der Berechnung und einer eventuellen Kürzung des Jahresurlaubs bei Kurzarbeit, fehlt im Bundesurlaubsgesetz hingegen. Gleichwohl wird auf Arbeitgeberseite die Möglichkeit gesehen, den Jahresurlaub anteilig zu kürzen, wobei sowohl auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 08.11.2012, als auch auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19.03.2019 verwiesen wird. Soweit es die Entscheidung des BAG betrifft, beschäftigt diese sich zwar nicht ausdrücklich mit der Frage der Kurzarbeit. Das BAG hat sich in dieser Entscheidung jedoch mit der Frage befasst, wie sich der Jahresurlaub für Zeiten des Ruhens des Arbeitsverhältnisses berechnet. In dem zugrundeliegenden Fall hatte der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum unbezahlten Sonderurlaub erhalten. Nach Ansicht des BAG stand dem Arbeitnehmer mangels einer Arbeitspflicht auch kein Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub zu. Dieser vom BAG entwickelte Grundsatz könne – so zahlreiche Arbeitgebervertreter – auch auf Zeiten der Kurzarbeit übertragen werden. Vergleichbar hatte zuvor bereits der Europäische Gerichtshof in der genannten Entscheidung festgestellt, dass Urlaubsansprüche nur dann entstehen können, wenn der Arbeitnehmer auch tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht habe. In dem konkreten Fall entschieden die Richter des Europäischen Gerichtshofes, dass der jeweilige Mitarbeiter während Zeiten der Kurzarbeit nur einen verhältnismäßig geringeren Urlaubsanspruch erwerbe. Der gesetzliche Urlaubsanspruch könne daher entsprechend dem Anteil der tatsächlichen Arbeitszeit gekürzt werden.
Bei näherer Prüfung erscheint die Rechtslage jedoch nicht so eindeutig, wie es in zahlreichen Medien dargestellt wird. Tatsächlich hat das BAG bislang noch keine abschließende Entscheidung zur Frage der anteiligen Kürzung des Jahresurlaubs bei Kurzarbeit getroffen. Darüberhinaus wird in weiten Teilen der juristischen Literatur darauf verwiesen, dass insbesondere die vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätze auf die Fälle der konjunkturbedingten Kurzarbeit tatsächlich nicht übertragbar seien. So lag der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ein Fall zugrunde, in dem durch Sozialplan eine sogenannte “Transfer-Kurzarbeit” vereinbart worden war.
Gegenstand der getroffenen Vereinbarung war insbesondere, dass Beschäftigte für einen fest vereinbarten Zeitraum freigestellt worden waren. Nach Ansicht des EuGH hatten die betroffenen Kurzarbeiter ähnlich einem Teilzeitbeschäftigten eine vorhersehbare und frei gestaltbare Freizeit, die genutzt werden könne, um sich auszuruhen oder tatsächlich Freizeittätigkeiten nachzugehen. Die vorgenommene Kürzung der Urlaubsansprüche verstieß daher nach Ansicht des EuGH nicht gegen das Unionsrecht und die hierin aufgestellten Mindeststandards zum Arbeitnehmerschutz.
Die gegenwärtig in Deutschland vorherrschende konjunkturbedingte Kurzarbeit sei jedoch nach Ansicht einer weit verbreiteten Auffassung in der juristischen Literatur weder mit Teilzeitarbeit, noch einem Sonderurlaub vergleichbar, in dem die betroffenen Arbeitnehmer die gewonnene freie Zeit auch tatsächlich frei planen könnten. Verwiesen wird insbesondere darauf, dass bei der konjunkturbedingten Kurzarbeit Zeit und Umfang der Reduzierung der Arbeitszeit tatsächlich nicht verbindlich festgelegt sei, mithin eine freie Planbarkeit nicht gegeben sein könne. Insbesondere dürfe die Kurzarbeit vorzeitig und kurzfristig beendet werden, was nicht einmal dem Mitbestimmungsrecht eines etwa bestehenden Betriebsrats unterliege. Darüberhinaus wird darauf verwiesen, dass Arbeitnehmer während der Dauer der Kurzarbeit weitgehenden Verpflichtungen gegenüber der Bundesagentur für Arbeit unterliegen. So kann die Bundesagentur für Arbeit etwa Bezieher von Kurzarbeitergeld dazu auffordern, sich an Tagen des Arbeitsausfalls persönlich bei der Agentur für Arbeit zu melden. Verletzungen der Meldepflicht können sogar zu einem Ruhen des Kurzarbeitergeldes führen. Ergänzend wird schließlich darauf verwiesen, dass dem Bundesurlaubsgesetz sich nicht entnehmen lässt, dass eine Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit zulässig ist.
Da die Rechtslage mithin tatsächlich nicht so eindeutig ist, wie einigen Medien zu entnehmen, kann sowohl den betroffenen Arbeitgebern, als auch den Arbeitnehmern nur angeraten werden, auf der Grundlage der beiderseits plausiblen Rechtsstandpunkte eine Grundsatzentscheidung herbeizuführen.
Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit?
Bedingt durch die Covid-19-Pandemie mussten Arbeitgeber und Arbeitnehmer weitgehende wirtschaftliche Einschnitte hinnehmen. Viele Betriebe von der Gastronomie über den Tourismus bis hin zu Handwerk und Industrie waren zur Einführung von Kurzarbeit gezwungen. Oftmals kam und kommt es immer noch zu Betriebsschließungen, die die sogenannte Kurzarbeit Null mit sich brachten. Sowohl für die Arbeitgeberseite, als auch für die Arbeitnehmerseite brachte dies erhebliche Einschnitte auch existenzbedrohender Natur mit sich. Nicht überraschend ist daher, dass auf Seiten der Arbeitgeber die Frage diskutiert wird, welche Auswirkungen die Kurzarbeit auf den Urlaubsanspruch der Mitarbeiter hat und ob dieser im Hinblick auf eine angeordnete Kurzarbeit gekürzt werden kann.
Nach dem Bundesurlaubsgesetz steht jedem Arbeitnehmer ein Mindesturlaubsanspruch im Umfang von 4 Wochen zu. Die deutsche Gesetzgebung deckt sich insoweit mit der entsprechenden Europäischen Arbeitszeitrichtlinie. Ein längerer Jahresurlaub ist oftmals in individuellen Arbeitsverträgen oder auch in Tarifverträgen vorgesehen.
Eine gesetzliche Regelung zur Frage der Berechnung und einer eventuellen Kürzung des Jahresurlaubs bei Kurzarbeit, fehlt im Bundesurlaubsgesetz hingegen. Gleichwohl wird auf Arbeitgeberseite die Möglichkeit gesehen, den Jahresurlaub anteilig zu kürzen, wobei sowohl auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 08.11.2012, als auch auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19.03.2019 verwiesen wird. Soweit es die Entscheidung des BAG betrifft, beschäftigt diese sich zwar nicht ausdrücklich mit der Frage der Kurzarbeit. Das BAG hat sich in dieser Entscheidung jedoch mit der Frage befasst, wie sich der Jahresurlaub für Zeiten des Ruhens des Arbeitsverhältnisses berechnet. In dem zugrundeliegenden Fall hatte der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum unbezahlten Sonderurlaub erhalten. Nach Ansicht des BAG stand dem Arbeitnehmer mangels einer Arbeitspflicht auch kein Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub zu. Dieser vom BAG entwickelte Grundsatz könne – so zahlreiche Arbeitgebervertreter – auch auf Zeiten der Kurzarbeit übertragen werden. Vergleichbar hatte zuvor bereits der Europäische Gerichtshof in der genannten Entscheidung festgestellt, dass Urlaubsansprüche nur dann entstehen können, wenn der Arbeitnehmer auch tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht habe. In dem konkreten Fall entschieden die Richter des Europäischen Gerichtshofes, dass der jeweilige Mitarbeiter während Zeiten der Kurzarbeit nur einen verhältnismäßig geringeren Urlaubsanspruch erwerbe. Der gesetzliche Urlaubsanspruch könne daher entsprechend dem Anteil der tatsächlichen Arbeitszeit gekürzt werden.
Bei näherer Prüfung erscheint die Rechtslage jedoch nicht so eindeutig, wie es in zahlreichen Medien dargestellt wird. Tatsächlich hat das BAG bislang noch keine abschließende Entscheidung zur Frage der anteiligen Kürzung des Jahresurlaubs bei Kurzarbeit getroffen. Darüberhinaus wird in weiten Teilen der juristischen Literatur darauf verwiesen, dass insbesondere die vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätze auf die Fälle der konjunkturbedingten Kurzarbeit tatsächlich nicht übertragbar seien. So lag der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ein Fall zugrunde, in dem durch Sozialplan eine sogenannte “Transfer-Kurzarbeit” vereinbart worden war.
Gegenstand der getroffenen Vereinbarung war insbesondere, dass Beschäftigte für einen fest vereinbarten Zeitraum freigestellt worden waren. Nach Ansicht des EuGH hatten die betroffenen Kurzarbeiter ähnlich einem Teilzeitbeschäftigten eine vorhersehbare und frei gestaltbare Freizeit, die genutzt werden könne, um sich auszuruhen oder tatsächlich Freizeittätigkeiten nachzugehen. Die vorgenommene Kürzung der Urlaubsansprüche verstieß daher nach Ansicht des EuGH nicht gegen das Unionsrecht und die hierin aufgestellten Mindeststandards zum Arbeitnehmerschutz.
Die gegenwärtig in Deutschland vorherrschende konjunkturbedingte Kurzarbeit sei jedoch nach Ansicht einer weit verbreiteten Auffassung in der juristischen Literatur weder mit Teilzeitarbeit, noch einem Sonderurlaub vergleichbar, in dem die betroffenen Arbeitnehmer die gewonnene freie Zeit auch tatsächlich frei planen könnten. Verwiesen wird insbesondere darauf, dass bei der konjunkturbedingten Kurzarbeit Zeit und Umfang der Reduzierung der Arbeitszeit tatsächlich nicht verbindlich festgelegt sei, mithin eine freie Planbarkeit nicht gegeben sein könne. Insbesondere dürfe die Kurzarbeit vorzeitig und kurzfristig beendet werden, was nicht einmal dem Mitbestimmungsrecht eines etwa bestehenden Betriebsrats unterliege. Darüberhinaus wird darauf verwiesen, dass Arbeitnehmer während der Dauer der Kurzarbeit weitgehenden Verpflichtungen gegenüber der Bundesagentur für Arbeit unterliegen. So kann die Bundesagentur für Arbeit etwa Bezieher von Kurzarbeitergeld dazu auffordern, sich an Tagen des Arbeitsausfalls persönlich bei der Agentur für Arbeit zu melden. Verletzungen der Meldepflicht können sogar zu einem Ruhen des Kurzarbeitergeldes führen. Ergänzend wird schließlich darauf verwiesen, dass dem Bundesurlaubsgesetz sich nicht entnehmen lässt, dass eine Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit zulässig ist.
Da die Rechtslage mithin tatsächlich nicht so eindeutig ist, wie einigen Medien zu entnehmen, kann sowohl den betroffenen Arbeitgebern, als auch den Arbeitnehmern nur angeraten werden, auf der Grundlage der beiderseits plausiblen Rechtsstandpunkte eine Grundsatzentscheidung herbeizuführen.
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