Familienrecht
Kontaktaufnahme außerhalb geregelter Umgangszeiten
Leben Eltern eines minderjährigen Kindes getrennt, hat derjenige, bei welchem das Kind nicht lebt, ein Umgangsrecht, § 1684 BGB. Dieses Recht steht dem nicht betreuenden Elternteil unabhängig davon zu, ob er das Sorgerecht gemeinsam mit dem betreuenden Elternteil ausübt oder ob der andere das Sorgerecht allein ausübt. Auch andere Bezugspersonen, wie Großeltern, haben ein Umgangsrecht, wie sich aus § 1685 BGB ergibt.
Können sich die Eltern auf einen Umgang mit dem Kind nicht einigen, trifft das Familiengericht entweder eine Entscheidung zum Umgang oder den Eltern gelingt es, in der Gerichtsverhandlung eine einvernehmliche Lösung zu erzielen.
Haben die Eltern eine gerichtliche Umgangsvereinbarung getroffen oder liegt eine gerichtliche Entscheidung vor, stellt sich die Frage, ob der umgangsberechtigte Elternteil Kontakt zu seinem Kind auch außerhalb der festgelegten Umgangszeiten aufnehmen darf. Mit einem solchen Fall hatte sich das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. in seinem Beschluss vom 05.06.2023 – Az. 6 WF 68/23 – zu befassen. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Beteiligten sind die getrenntlebenden Eltern zweier minderjähriger Kinder, welche ihren Lebensmittelpunkt im Haushalt der Kindesmutter haben. Der Umgang mit dem Kindesvater wurde gerichtlich wie folgt geregelt: Dem Vater wurde ein Umgangsrecht mit den Kindern eingeräumt in den ungeraden Kalenderwochen von Freitag nach der Schule bis Sonntag 17.00 Uhr. In den Weihnachtsferien hatte der Vater Umgang vom letzten Schultag bis zum 25.12. um 11.00 Uhr.
Im November 2022 hatte der Vater eines der Kinder an einigen Tagen nach der Schule mit zu sich genommen oder das Kind begab sich eigenmächtig in den Haushalt des Kindesvaters. Abends brachte der Vater das Kind dann jeweils zurück zur Mutter. Nach dem Umgangswochenende vom 16.12.2022 brachte der Vater das Kind sonntags erst um 17.30 Uhr zurück. Als Grund führte er an, das Kind habe noch essen müssen. Am 25.12.2022 brachte der Vater die Kinder wegen einer Autopanne erst um 14.30 Uhr zurück.
Wegen der Verstöße gegen die gerichtliche Umgangsentscheidung beantragte die Kindesmutter die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Kindesvater. Das Amtsgericht gab dem Antrag statt. Dagegen legte der Vater Beschwerde zum OLG ein.
Das OLG führte zunächst aus, dass das Gericht gem. § 89 Abs. 1 FamFG bei Zuwiderhandlungen gegen einen Umgangsbeschluss grundsätzlich ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen kann.
Ob vorliegend eine Zuwiderhandlung vorliegt, sei danach zu beurteilen, ob eine gerichtliche Umgangsregelung, durch die der Umgang positiv geregelt wird, stets das konkludente Gebot an den Umgangsberechtigten enthält, sich außerhalb der festgelegten Umgangszeiten eines Kontaktes zum Kind zu enthalten oder ob eine Zuwiderhandlung voraussetzt, dass sich die Untersagung einer solchen Kontaktaufnahme eindeutig aus dem Tenor des Umgangsbeschlusses ergibt.
Das OLG entschied sodann, dass ein Tun oder Unterlassen nur dann sanktioniert werden könne, wenn die entsprechenden Pflichten sich zweifelsfrei aus dem Beschluss ergeben. Da der streitgegenständliche Umgangsbeschluss keine Unterlassungsanordnung im Sinne eines Umgangsverbots außerhalb der geregelten Umgangszeiten beinhaltet, können Ordnungsmittel dafür, dass der Vater eines der Kinder an einigen Tagen nach der Schule im November 2022 bei sich hatte, nicht verhängt werden.
Dagegen habe der Vater allerdings schuldhaft gegen den Beschluss verstoßen, als er die Kinder nach einem Umgangswochenende sonntags erst um 17.30 Uhr und nicht, wie gerichtlich festgelegt, um 17.00 Uhr, zur Mutter zurückbrachte. Das OLG urteilte, es hätte dem Vater oblegen, für eine rechtzeitige Einnahme der Mahlzeit zu sorgen, um das Kind pünktlich im Haushalt der Mutter zu übergeben. Auch in der verspäteten Rückgabe der Kinder am 1. Weihnachtsfeiertag um 14.30 Uhr anstatt, wie gerichtlich festgelegt, um 11.00 Uhr, sah das OLG eine schuldhafte Zuwiderhandlung. Die Wohnungen der Eltern lagen 1,7 km auseinander. Die Entfernung wäre zu Fuß in 20 Minuten zu bewältigen gewesen, so das OLG.
Welches Ordnungsmittel (Ordnungsgeld oder -haft) in welcher Höhe festzusetzen ist, so das OLG weiter, beurteile sich nach Art, Umfang, Dauer des Verstoßes, dem Grad des Verschuldens, der Anzahl der Verstöße und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Umgangsberechtigten. Vorliegend war der Vater mittellos und wurde von seiner Familie unterhalten. Das Amtsgericht hatte Ordnungshaft angeordnet mit der Begründung, der Sanktionscharakter gehe verloren, wenn der Vater ein gegen ihn verhängtes Ordnungsgeld mit dem Geld seiner Verwandten finanziere. Dem folgte das OLG nicht, sondern verhängte für jede der beiden Zuwiderhandlungen ein Ordnungsgeld von jeweils 250,00 €, ersatzweise Ordnungshaft von einem Tag je 100,00 € nicht gezahlten Ordnungsgeldes. Da es sich vorliegend um die erste Anordnung eines Ordnungsmittels handelt, müsse die Vollstreckung eines Ordnungsgeldes zumindest versucht werden.
Um die Verhängung von Ordnungsmitteln zu vermeiden, sollten gerichtlich festgelegte Umgangsbeschlüsse bzw. gerichtliche Umgangsvereinbarungen eingehalten werden. Bei Unsicherheiten in Bezug auf Kontakten außerhalb der festgelegten Umgangszeiten ist dringend zu empfehlen, anwaltliche Beratung einzuholen.
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