Familienrecht
Kein Umgangsrecht für den Ex-Partner
Wenn Eltern sich trennen, hat derjenige, bei dem die Kinder nach der Trennung nicht leben, ein Recht auf Umgang mit den Kindern, § 1684 BGB.
Wie sich aus § 1685 Abs. 2 BGB ergibt, haben auch enge Bezugspersonen, die nicht Eltern des Kindes sind, ein Umgangsrecht, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben, wenn also zwischen dem Kind und dem Umgang Begehrenden eine sozial-familiäre Beziehung entstanden ist. § 1865 Abs. 2 BGB ist einschlägig, wenn jemand, der nicht leiblicher Elternteil eines Kindes ist, Umgang mit dem Kind seines Ex-Partners begehrt (Stiefkind-Konstellationen). Vor dem Hintergrund, dass die nicht leiblichen Eltern mit ihrem Partner und dessen Kindern häufig jahrelang zusammenleben und dadurch eine Bindung zu den Kindern des Ex-Partners entstanden ist, lässt sich der Wunsch nach Umgang mit ihnen im Fall einer Trennung nachvollziehen.
Anders als beim Umgang zwischen Eltern und ihrem Kind, ist beim Umgang von Personen, bei denen es sich nicht um die leiblichen Eltern handelt, stets zu prüfen bzw. hat das Gericht im Streitfall positiv festzustellen, dass der Umgang dem Wohl des Kindes dient. Dass es sich bei dieser Voraussetzung nicht nur um eine hohe Hürde handelt, sondern dass sie sich sogar als unüberwindbares Hindernis entpuppen kann, mit der Folge, dass ein Umgangsbegehren durch das Gericht zurückgewiesen wird, zeigt eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe. Dem Beschluss vom 30.06.2022, Az. 18 UF 22/22, lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Antragstellerin lebte seit Dezember 2013 in gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaft mit der Antragsgegnerin zusammen. Die Trennung erfolgte im August 2021. Während der Beziehung wurden im Wege der künstlichen Befruchtung von der Antragsgegnerin zwei Kinder geboren. Eine sorgerechtliche Regelung wurde nicht getroffen, auch erfolgte keine Stiefkindadoption. Nach den Geburten nahm die Antragstellerin jeweils einen Monat Elternzeit. Die Versorgung der Kinder (Wickeln, Anziehen, Baden, Füttern, Spielen) teilten sich die Partnerinnen. Die Antragstellerin war für die Kinder die „Mom“, die Antragsgegnerin ihre „Mama“.
Nach der Trennung der Beteiligten lehnte die Antragsgegnerin Umgänge zwischen der Antragstellerin und den Kindern vehement ab, so dass die Antragstellerin einen Antrag auf Umgang beim Amtsgericht Freiburg stellte. Gegen den Zurückweisungsbeschluss des Amtsgerichts legte die Antragstellerin Beschwerde zum OLG Karlsruhe ein. Die Antragstellerin führte aus, dass zwischen ihr und den Kindern eine sozial-familiäre Bindung bestanden habe, weshalb eine Vermutung dafür spreche, dass deren Aufrechterhaltung für die Entwicklung der Kinder förderlich sei. Der Abbruch ihrer Beziehung zu den Kindern schade ihrem Wohl.
Die Antragsgegnerin hielt dagegen und führte aus, dass die Entwicklung der Kinder einen deutlich positiven Verlauf genommen habe, seitdem es keinen Kontakt zur Antragstellerin mehr gebe.
Das OLG Karlsruhe wies die Beschwerde der Antragstellerin zurück und entschied sich damit gegen jeglichen Umgang zwischen der Antragstellerin und den Kindern ihrer früheren Partnerin. Zur Begründung führte es aus, dass gerade nicht positiv festgestellt werden konnte, dass der Umgang dem Wohl der Kinder dient. Das OLG stellte heraus, dass es, anders als beim Umgang eines leiblichen Elternteils beim Umgang mit einer nicht mit dem Kind verwandten Bezugsperson auch bei Bestehen einer sozial-familiären Beziehung nicht ausreiche, dass der Umgang lediglich nicht dem Kindeswohl zuwiderläuft. Es müsse vielmehr positiv feststehen, dass der Umgang dem Kindeswohl dient. Dies sei aus dem Blickwinkel des Kindes zu beurteilen. Der Umgang sei dem Kindeswohl dienlich, wenn u. a. keine das Kind beeinträchtigende Konflikte zwischen der Umgang begehrenden Person und dem leiblichen Elternteil bestehen.
Grundsätzlich, so das OLG weiter, sei aufgrund des langen häuslichen Zusammenlebens der Antragstellerin mit den Kindern seit ihrer Geburt und der von der Antragstellerin für die Kinder übernommenen Verantwortung eine Bindung zwischen ihnen entstanden, so dass der Aspekt der Aufrechterhaltung dieser Bindung für die Anordnung von Umgangskontakten spreche.
Allerdings befänden die Kinder sich aufgrund der ablehnenden Haltung der Antragsgegnerin bereits in einem tiefgreifenden Loyalitätskonflikt. Im Rahmen der Anhörung haben die Kinder geäußert, dass sie die Antragstellerin nicht sehen wollen und sie nicht vermissen würden. Das Gericht verkannte nicht, dass der geäußerte Kindeswille – bewusst oder unbewusst- durch die ablehnende Haltung der Mutter beeinflusst wurde. Angesichts der durch die Beteiligten nicht aufgearbeiteten Trennung, der Konflikte auf der Paarebene und des für die Kinder hieraus resultierenden Loyalitätskonflikts war für das OLG nicht ersichtlich, dass Umgangskontakte in einer Weise stattfinden können, ohne dass die Kinder hierdurch nicht erheblich beeinträchtigt würden. Gerichtlich angeordnete Umgänge setzten voraus, dass der Verpflichtete diese jedenfalls bis zu einem gewissen Grad mittrage und unterstütze. Ist dies nicht der Fall, sei zu erwarten, dass der Loyalitätskonflikt durch die tatsächliche Umsetzung erzwungener Umgangskontakte nicht aufgearbeitet, sondern sich weiter vertiefen würde.
Diese Entscheidung zeigt, dass das Umgangsrecht von (bloßen) engen Bezugspersonen, die nicht die leiblichen Eltern des Kindes sind, an strenge Anforderungen geknüpft ist. Stellt sich der frühere Partner quer, kann Umgang sogar ganz versagt werden. Die Begleitung eines solch sensiblen Umgangsverfahrens durch einen Fachanwalt für Familienrecht ist daher dringend zu empfehlen.
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