Allgemein
Ein Dauerbrenner: Der Streit um Schönheitsreparaturen
Bei der Bearbeitung alltäglicher Rechtsangelegenheiten ist es von besonderer Bedeutung, stets die aktuelle Rechtsprechung der Instanzgerichte, insbesondere aber auch des Bundesgerichtshofs (BGH) im Auge zu haben. Auch wenn viele Gesetze ihrem wörtlichen Inhalt nach über lange Zeiträume unverändert bleiben mögen, so ist das Recht doch nicht statisch, sondern es tradiert und unterliegt einer ständigen Entwicklung und Fortbildung. Ein Rechtsgebiet, in dem sich dies besonders deutlich abzeichnet, ist das Mietrecht, hier speziell der Bereich der Schönheitsreparaturen. Gerade in diesem Bereich sind über die letzten Jahre hinweg teilweise gravierende Veränderungen der Rechtsprechung festzustellen.
Entgegen einer landläufigen Annahme ist nicht grundsätzlich kraft Gesetzes der Mieter einer Wohnung verpflichtet, regelmäßig Schönheitsreparaturen durchzuführen. Diese obliegen nach der gesetzlichen Regelung vielmehr gerade dem Vermieter. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen in Wohnraummietverträgen die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter übertragen werden kann, war bereits in der Vergangenheit Gegenstand zahlreicher bedeutsamer Entscheidungen des BGH.
Während in früheren Zeiten auch die formularmäßige Abwälzung der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter regelmäßig durch die Rechtsprechung anerkannt worden ist, ergab sich eine erste weitreichende Veränderung durch eine Entscheidung des BGH zu den sogenannten starren Fristen. So ist der BGH in der zugrundeliegenden Entscheidung davon ausgegangen, dass eine Klausel, die eine Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen innerhalb eines starren Fristenplanes ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Zustand der Wohnung beinhaltet, wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters unwirksam sei.
Eine weitere bedeutende Änderung der Rechtsprechung ergab sich nach einer Entscheidung des BGH in einem Fall, in dem der Mieter, von dem die Durchführung der Schönheitsreparaturen beansprucht wurde, die Wohnung unrenoviert übernommen hatte. In dieser Entscheidung hat der BGH ausgeführt, die rechtswirksame Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter setze voraus, dass dieser die Wohnung renoviert übernommen oder aber zumindest einen angemessenen finanziellen Ausgleich erhalten habe. Anderenfalls, so der BGH, scheide eine wirksame Übertragung der Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter aus.
Mit einer weiteren besonderen Fallkonstellation hat sich der BGH nunmehr in einer aktuellen Entscheidung vom 22.08.2018 (Akt.-Z. VIII ZR 277/16) auseinandergesetzt. In dem zugrundeliegenden Fall beanspruchte der Vermieter von seinem vormaligen Mieter Schadensersatz für vermeintlich nicht fachgerecht durchgeführte Schönheitsreparaturen. Der Mieter hatte die Wohnung bereits im Jahre 2009 in unrenoviertem Zustand von seiner Vormieterin übernommen. Der seinerzeit übliche Formularmietvertrag sah lediglich vor, dass die Schönheitsreparaturen durch den Mieter durchzuführen seien.
Der Beklagte hatte sich stets auf die aktuelle Rechtsprechung des BGH berufen, wonach eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne
angemessenen Ausgleich auferlege, unwirksam sei. Der Kläger berief sich demgegenüber auf eine Besonderheit dieses Falles. So hatte der Beklagte mit seiner Vormieterin – was unstreitig war – eine Renovierungsvereinbarung getroffen. Im Einzelnen hatte der Mieter von seiner Vormieterin diverse Einrichtungsgegenstände übernommen und sich im Gegenzug zur Zahlung eines gewissen Geldbetrages und insbesondere zur Übernahme der Renovierungsarbeiten bereit erklärt.
Der klagende Vermieter war der Ansicht, die bisherige Rechtsprechung des BGH sei auf diesen konkreten Fall nicht anwendbar, da der beklagte Mieter angesichts der Vereinbarung mit seiner Vormieterin tatsächlich so zu stellen sei, als hätte er eine renovierte Wohnung übernommen.
Dieser Argumentation ist der BGH im Gegensatz zu den Vorinstanzen jedoch gerade nicht gefolgt.
So ist nach Ansicht des obersten deutschen Zivilgerichts eine Formularklausel, die dem Mieter einer tatsächlich unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen auferlegt auch dann unwirksam, wenn der Mieter selber sich durch eine Vereinbarung mit dem Vormieter verpflichtet habe, Renovierungsarbeiten in der Wohnung vorzunehmen, dies jedoch im Ergebnis nicht getan habe. Die durch das Gericht aufgestellten Grundsätze seien gerade auch dann zu beachten, wenn der betreffende Mieter sich in einer zweiseitigen Vereinbarung mit seinem Vormieter zur Vornahme von Renovierungsarbeiten in der Mietwohnung verpflichtet habe. Eine derartige Vereinbarung sei von vornherein auf die sie betreffenden Parteien beschränkt und könne keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der in dem Mietvertrag zwischen dem neuen Mieter und dem Vermieter enthaltenen Verpflichtungen nehmen. Offen bleibt hierbei die Frage, wie das Gericht entschieden hätte, wenn es nicht lediglich eine zweiseitige Vereinbarung, sondern eine Vereinbarung unter Einschluss des Vermieters gegeben hätte.
Die Entscheidung des BGH dürfte für die künftige Praxis bedeutsam sein. Aus dem Mietverhältnis ausscheidenden Mietern ist oftmals daran gelegen, vor dem Auszug nicht auch noch renovieren zu müssen. Dementsprechend häufig werden derartige Vereinbarungen zwischen Vor- und Nachmieter getroffen. Die hier dargestellte Entscheidung des BGH zeigt deutlich, dass sowohl Mieter als auch Vermieter frühzeitig anwaltlichen Rat einholen sollten, um die rechtssichere Gestaltung entsprechender Vereinbarungen zu gewährleisten.
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