Allgemein, Erbrecht
Die Vorsorgevollmacht
In unserer beruflichen Praxis als Rechtsanwälte und Notare befassen wir uns regelmäßig mit Sachverhalten, die zumindest für uns zum Arbeitsalltag gehören. Die Bearbeitung einer arbeitsrechtlichen Angelegenheit oder die Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages bedürfen stets einer sorgfältigen und juristisch exakten Bearbeitung. Hierneben müssen wir uns aber auch mit Fällen befassen, die über die rechtliche Bedeutung hinaus für unsere Mandanten in menschlicher Hinsicht existentiell sind. Schwere Verkehrsunfälle, bei denen die Beteiligten lebensgefährlich verletzt werden, Krankheiten, die dazu führen, dass der Ehemann oder die Ehefrau nicht mehr handlungsfähig sind. Neben der Sorge um die Angehörigen stellt sich schnell die Frage, wie es im Alltag weitergehen soll. Rechnungen müssen bezahlt werden, Anträge bei Versicherungen oder Krankenkassen gestellt werden. Werden entsprechende Fragen in unserer Kanzlei besprochen, stellt sich oft heraus, dass die Betroffenen keinerlei Vorsorge für den Fall getroffen haben, dass ein Angehöriger nicht mehr für sich selber handeln kann. Dabei stellt der Gesetzgeber ein wirksames Instrument zur Verfügung, dass in diesen Fällen weiterhelfen kann, nämlich die sogenannte Vorsorgevollmacht. Kann ein Mensch seine eigenen Angelegenheiten aufgrund einer Erkrankung nicht mehr selber regeln, bleibt an sich nur die Möglichkeit der Beantragung einer rechtlichen Betreuung über das zuständige Betreuungsgericht, um mit der Person des Betreuers die Handlungsfähigkeit wieder herzustellen. Ein rechtlicher Betreuer ist aber nach § 1896 BGB gerade nicht erforderlich, wenn ein Bevollmächtigter die Angelegenheiten des Betroffenen regeln kann. Es besteht daher durch die Erteilung einer solchen Vollmacht die Möglichkeit, schon zu Zeiten, in denen man selber noch handlungsfähig ist, eine Vertrauensperson zu bestimmen, die im Fall der Fälle die Regelung der eigenen Angelegenheiten übernehmen soll, ohne dass das Betreuungsgericht eingeschaltet werden muss. Den Umfang der Vollmacht kann der Vollmachtgeber frei bestimmen. Er kann sie auf bestimmte Bereiche beschränken oder eine umfassende “Generalvollmacht” errichten. Schon an dieser Stelle muss davon abgeraten werden, eines der insbesondere im Internet kursierenden Formulare zu verwenden. Durch eine vorhergehende notarielle Beratung sollte in jedem Fall sichergestellt werden, dass die Vollmacht den individuellen Lebens- und Vermögensverhältnissen angepasst wird, was durch ein Formular zum Ankreuzen vorgegebener Bereiche schwerlich möglich ist. Die notariell beurkundete Vollmacht kann sowohl Regelungen zur vermögensrechtlichen als auch zu persönlichen Angelegenheiten enthalten. Zum vermögensrechtlichen Bereich gehört etwa die Bevollmächtigung zur Vertretung des Vollmachtgebers gegenüber Gerichten, Behörden und sonstigen Institutionen. Darüberhinaus kann die Befugnis zur Verfügung über bewegliche und unbewegliche Vermögensgegenstände, etwa Bankkonten oder Grundstücke erteilt werden. Auch kann eine Vollmacht erteilt werden, die zur Eingehung von Verbindlichkeiten berechtigt. Als Beispiel hierfür kann gelten, dass das bereits seit langer Zeit bewohnte Familienwohnhaus sanierungsbedürftig wird und zur Durchführung der entsprechenden Maßnahmen ein Darlehen aufzunehmen ist, welches wiederum, etwa durch Eintragung einer Grundschuld im Grundbuch abgesichert werden muss. Erfasst die Vollmacht derartige Rechtsgeschäfte, kann der Vollmachtnehmer alle erforderlichen Maßnahmen treffen. Die wirtschaftliche Bedeutung derartiger Geschäfte zeigt wiederum, dass eine solche Vollmacht auch jeden Fall auch beurkundet werden sollte, denn der Notar stellt ebenfalls die Geschäftsfähigkeit des Ausstellers fest und bestätigt ferner, dass der Vollmachtgeber die Vollmacht auch gezeichnet hat.
Soweit es die Bevollmächtigung in persönlichen Angelegenheiten betrifft, kann diese die Befugnis erfassen, Erklärungen in Gesundheitsangelegenheiten für den Vollmachtgeber abzugeben. Dies betrifft etwa die Einwilligung in ärztliche Maßnahmen. Betroffen hiervon können auch Entscheidungen über Maßnahmen sein, die die körperliche Bewegungsfreiheit einschränken, wozu z.B. die Einwilligung in das Anbringen von Bettgittern oder Gurten gehört. Auch die Bestimmung über den Aufenthalt des Vollmachtgebers kann dem Bevollmächtigten übertragen werden, was etwa im Falle der erforderlichen Unterbringung in einem Pflegeheim zu beachten ist.
Bereits vorstehend ist dazu geraten worden, von der Verwendung vorformulierter Erklärungen abzusehen. Zu verweisen ist zwar darauf, dass die Vorsorgevollmacht nicht zwingend notariell beurkundet werden muss. Die notarielle Form hat jedoch erhebliche Vorteile. Unabhängig davon, dass der Beurkundung eine eingehende Beratung vorausgeht und der Notar nach der Beurkundung diese beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert, schafft die Beurkundung tatsächlich auch Rechtssicherheit über die Identität des Vollmachtgebers, da diese durch den beurkundenden Notar festzustellen ist. Nicht angezweifelt werden kann daher bei Vorlage der Ausfertigung der Vollmacht, dass die entsprechenden Erklärungen tatsächlich von dem Vollmachtgeber stammen. Darüberhinaus vergewissert sich der Notar vor der Beurkundung natürlich auch darüber, dass der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist, so dass im Fall der Fälle nicht angezweifelt werden kann, dass der Erklärende im Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht noch geschäftsfähig war. Vorteile bietet die notarielle Form desweiteren auch, soweit durch den Bevollmächtigten Grundstücksgeschäfte vollzogen werden sollen, da die dem Grundbuchamt vorzulegende Vorsorgevollmacht zumindest in öffentlich beglaubigter Form erteilt worden sein muss.
Insgesamt kann daher nur angeraten werden, die leider jederzeit mögliche Änderung der persönlichen Lebensverhältnisse nicht zu verdrängen und rechtzeitig Vorsorge zu treffen. Eine ausführliche, notarielle oder rechtsanwaltliche Beratung, nicht nur zu Fragen der Vorsorgevollmacht, sondern ggf. ergänzend hierzu auch zu Fragen einer Patientenverfügung sollte jedenfalls in Anspruch genommen werden.
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