Allgemein, Zivilrecht
Aktuelles zur Hundehalterhaftung
Nach statistischen Erhebungen leben in Deutschland rund 34 Mio. Haustiere, womit wir – was die Anzahl der Haustiere in Europa angeht – den 2. Platz belegen. Des Deutschen liebstes Haustier ist nach der Katze dabei der Hund, wobei von regelmäßig 10 Mio. Tieren bundesweit auszugehen ist. Hunde gelten hierbei nicht nur als beliebte Familienmitglieder, sondern nehmen gerade im Haushalt allein lebender oder älterer Menschen eine wichtige Rolle als Sozialpartner ein. Gleichwohl darf selbstverständlich nicht unterschätzt werden, dass selbst von charakterlich gefestigten und gut ausgebildeten Hunden eine Gefährdung ausgehen kann und das Verhalten des Hundes – wie auch von anderen Tieren allgemein – nicht immer sicher vorhergesehen werden kann. Aus diesem Grunde begründet die Regelung des § 833 BGB eine besondere Haftung des Tierhalters für Schäden, die durch das Tier verursacht werden. Die Besonderheit an der Regelung des § 833 Satz 1 BGB ist hierbei, dass es sich um eine reine sogenannte Gefährdungshaftung handelt, bei welcher der Tierhalter auch dann haftet, wenn ihm ein eigenes Verschulden nicht zur Last gelegt werden kann. Halter ist dabei, wer das Tier tatsächlich besitzt oder ein eigenes Interesse an der Verwendung des Tieres hat, so dass die Haltereigenschaft nicht Eigentum an dem Tier voraussetzt.
Eine Haftung des Tierhalters besteht insbesondere dann, wenn das Tier unberechenbar reagiert, selbst dann, wenn die Reaktion durch den Halter nicht verschuldet worden ist. Folgendes Beispiel gibt etwa einen klassischen Haftungsfall wieder: Auf dem allabendlichen Spaziergang entdeckt der ansonsten friedliche und gut ausgebildete Hund ein anderes Tier auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Unvermittelt setzt der Jagdtrieb ein, der Hund rennt los und verursacht beim Überqueren der Straße einen Verkehrsunfall. Klar ist, dass in diesem Fall der Halter unabhängig von einem eigenen Verschulden für die Folgen des Verkehrsunfalls haftet. Ein weiteres Beispiel: Der bisher noch nie auffällig gewordene Hund schnappt unvermittelt zu, als während des Spaziergangs ein entgegenkommender Spaziergänger sich plötzlich herunterbeugt, um das Tier zu streicheln. Auch in diesem Fall haftet der Halter für die Folgen der Verletzung.
Die beiden vorgenannten Beispiele zeigen deutlich, dass mit der Haltung eines Hundes ein erhebliches Haftungsrisiko verbunden ist. Behandlungskosten nach einem Hundebiss können erheblich und die Folgen eines Verkehrsunfalls fatal sein. Hundehaltern kann daher stets nur angeraten werden, eine ausreichend hohe Haftpflichtversicherung für ihr Tier abzuschließen. In Niedersachsen besteht hierzu bereits seit einigen Jahren im übrigen auch neben der Verpflichtung zur Registrierung des Tieres die gesetzliche Pflicht, eine Hundehaftpflichtversicherung abzuschließen.
Mit einem etwas besonders gelagerten Fall hatte sich kürzlich das Landgericht Osnabrück zu beschäftigen. Mit dem aktuellen Urteil vom 23.09.2019 – Aktenzeichen 8 O 1022/19 – hat das Gericht die Voraussetzungen für die Annahme einer verschuldensunabhängigen Tierhalterhaftung weiter präzisiert. In dem zugrundeliegenden, zwischen den Parteien streitigen Fall, behauptete die Klägerin, sie sei mit ihrem Hund (einem kleinen Terrier) spazieren gegangen, wobei sie unvermittelt von einem ihr entgegenkommmenden Rottweiler angesprungen worden sei. Hierdurch sei sie gestürzt und schwer verletzt worden.
Der beklagte Hundehalter behauptete demgegenüber, sein Hund sei zunächst zwar auf die Klägerin zugelaufen, habe jedoch sodann die Richtung geändert, als die Klägerin ihren kleinen Hund auf den Arm genommen habe. Er habe seinen bis dahin freilaufenden
Hund sodann angeleint und habe mit ihm weggehen wollen. In diesem Moment – so der Beklagte – habe die Klägerin ihren Hund wieder auf den Boden gesetzt. Dieser sei sodann mehrfach um sie herum gelaufen, so dass sie letztlich über die Hundeleine gestolpert sei.
Nach Ansicht des Gerichts konnte die Klägerin ihre eigene Sachverhaltsdarstellung nicht beweisen. Aus der Schilderung des Beklagten könne eine verschuldensunabhängige Tierhalterhaftung dagegen gerade nicht angenommen werden. Das Gericht stellt in der Entscheidung ausdrücklich heraus, dass der Tierhalter immer dann haftet, wenn es durch das spezielle tierische Verhalten zu einer Verletzung Dritter komme. Im vorliegenden Fall hätte jedoch zumindest festgestellt werden müssen, dass der Hund des Beklagten durch ein wie auch immer geartetes Verhalten den Hund der Klägerin zu dem Verhalten provoziert hatte. Dies sei nicht der Fall gewesen. Die bloße Anwesenheit des Tieres der Beklagten könne jedoch nicht als ein spezielles tierisches Verhalten gewertet werden, welches ursächlich für die Verletzung geworden sei. Dementsprechend hat das erkennende Gericht die Klage abgewiesen und der Klägerin gerade keine Ersatzansprüche zu erkannt. Die Entscheidung des Landgerichts Osnabrück zeigt jedoch, wie schnell es zu einem Haftungsfall kommen kann. Wäre der Hund des Beklagten tatsächlich auf den Hund der Klägerin los gerannt und hätte dadurch das beschriebene Verhalten verursacht, wäre eine Haftung des Beklagten sicherlich anzunehmen.
Hundehaltern kann nur dringend dazu angeraten werden, auf einen ausreichenden Versicherungsschutz zu achten, um nicht nur öffentlich rechtliche, sondern auch erhebliche zivilrechtliche Folgen zu vermeiden. Sollte es tatsächlich zu einem Schadenfall kommen, soll unverzüglich Rechtsrat eingeholt werden, da jeder Einzelfall individuell beurteilt werden muss.
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