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Aktuelles zum Thema Schönheitsreparaturen
Kaum ein Rechtsbereich ist im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung einem derartigen Wandel unterzogen worden wie die Frage, wer im Rahmen eines Wohnraummietverhältnisses für die Durchführung von Schönheitsreparaturen verantwortlich ist und welche vertraglichen Regelungen hierzu in einem Mietvertrag getroffen werden können. Entgegen einer landläufigen Meinung ist es nach der gesetzlichen Regelung nicht Aufgabe des Mieters, Schönheitsreparaturen an der Wohnung durchzuführen. Diese obliegen vielmehr grundsätzlich dem Vermieter. Gleichwohl hat die Rechtsprechung es über Jahrzehnte hinweg zugelassen, dass Klauseln vereinbart werden konnten, durch die der Mieter bereits nach Ablauf fester Fristen zur Durchführung entsprechender Schönheitsreparaturen verpflichtet werden konnte. Ab dem Jahre 2006 hat der BGH derartige Klauseln allerdings sehr restriktiv beurteilt. So wurde zunächst entschieden, dass ein Mieter unangemessen benachteiligt werde, wenn eine Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen vereinbart werde, die unabhängig sei vom tatsächlichen Zustand der Wohnung. Sogenannte starre Fristen konnten hiernach nicht mehr wirksam vereinbart werden. Eine weitere Änderung der Rechtsprechung wurde im Jahre 2015 vollzogen. So entschied der BGH in mehreren Urteilen, dass eine Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen nicht wirksam vereinbart werden könne, sofern dem Mieter eine unrenovierte Wohnung überlassen und kein angemessener Ausgleich hierfür vereinbart wurde, etwa durch den Erlass der Miete für einen bestimmten Zeitraum. Spätestens nach diesen Entscheidungen war festzustellen, dass die in älteren Mietverträgen enthaltenen Klauseln zur Übertragung von Schönheitsreparaturen unwirksam waren. Vor diesem Hintergrund stellte sich die Frage, ob der Mieter einer Wohnung im Falle einer Verschlechterung des sogenannten Dekorationszustandes der Wohnung vom Vermieter eine Renovierung verlangen kann. Unklar war hierbei auch die Frage, ob der Mieter sich an den entstehenden Kosten beteiligen muss. In zwei Entscheidungen vom 08.07.2020 hat der BGH sich nunmehr ausführlich mit dieser Streitfrage befasst. Gegenstand des Rechtsstreits war folgender:
Die Mieter hatten bereits im Jahre 2002 eine Wohnung angemietet, die ihnen durch den Vermieter unrenoviert überlassen worden war. Vereinbart in dem Mietvertrag war formularmäßig die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter. Der Vermieter verpflichtete sich lediglich, den Gebrauch der Mietsache in dem Zustand bei Übergabe zu gewähren.
Im Laufe der Zeit hatte sich naturgemäß der Dekorationszustand der Wohnung verschlechtert. Unter Berufung auf den Umstand, dass angesichts der Überlassung einer unrenovierten Wohnung eine Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen nicht bestand, forderten die Mieter den Vermieter auf der Grundlage eines Kostenvoranschlages zur Durchführung von Renovierungsmaßnahmen auf, die das Tapezieren der Wohnung und die Durchführung von Malerarbeiten umfassten.
Nach dem der Vermieter der Aufforderung nicht nachkam, erhoben die Mieter Klage auf Zahlung eines Kostenvorschusses auf der Basis des eingeholten Kostenvoranschlages. In den Vorinstanzen wurde die Klage abgewiesen. Dabei vertrat das Landgericht Berlin als Berufungsgericht in der Urteilsbegründung die Ansicht, die Mieter hätten bei Einzug den unrenovierten Zustand der Wohnung als vertragsgemäß akzeptiert. Die Vermieterin sei auch im Rahmen ihrer Instandhaltungspflicht nicht verpflichtet, die Wohnung in einen besseren, als bei Mietbeginn vorhandenen Zustand zu versetzen. Ansprüche der Mieter auf eine Verbesserung des Zustandes der Wohnung könnten erst dann bestehen, wenn die Wohnung tatsächlich mehr oder weniger verkommen sei.
Diese Entscheidung ist durch den BGH nicht bestätigt worden. Der BGH hat in seinen Entscheidungen zugrunde gelegt, dass die Verschlechterung des Zustandes der Wohnung einen Mangel darstelle, der vom Vermieter zu beseitigen sei. Hierfür könne der Mieter einen entsprechenden Vorschuss verlangen. Es könne – so der BGH – gerade nicht angenommen werden, dass die Unwirksamkeit einer Klausel zur Übertragung von Schönheitsreparaturen dazu führe, dass ein beiderseitiger Verzicht auf die Durchführung von Schönheitsreparaturen angenommen werden könne. Tatsächlich könne der Vermieter daher im Falle einer wesentlichen Verschlechterung des Zustandes der Wohnung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet sein.
Gleichwohl darf sich der Mieter nicht darauf verlassen, dass er die für eine Renovierung entstehenden Kosten in vollem Umfang vom Vermieter ersetzt verlangen kann. Nach Ansicht des BGH ist vielmehr davon auszugehen, dass sich der Mieter in einem angemessenen Verhältnis an den Kosten der Schönheitsreparaturen zu beteiligen hat. Welches Verhältnis hierbei angemessen ist, ist nach Ansicht des BGH im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung des Zustandes der Wohnung auch bei Übergabe zu entscheiden und ggf. durch das Gericht zu schätzen. Als Anhaltspunkt führt der BGH jedoch ausdrücklich aus, dass unter angemessener Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen von Vermieter und Mieter, soweit nicht im Einzelfall Besonderheiten vorliegen, in der Regel eine hälftige Kostenbeteiligung sachgerecht sei.
Unter Berücksichtigung der Ausführungen des BGH sollten Mieter jedoch nicht vorschnell ihren Vermieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auffordern. Voraussetzung für eine zumindest anteilige Inanspruchnahme des Vermieters ist in jedem Fall, dass der Zustand der Wohnung im Laufe der Zeit sich tatsächlich wesentlich verschlechtert hat, also deutlich erkennbare Abnutzungserscheinungen festzustellen sind. Der Mieter wird insbesondere auch zu berücksichtigen haben, dass er sich zu einem erheblichen Anteil an den entstehenden Kosten zu beteiligen hat.
Die Entscheidung des BGH zeigt einmal mehr, dass Recht kein statischer Prozess ist, sondern regelmäßigen Fortentwicklungen unterworfen wird. Angesichts dieses Umstandes ist sowohl Vermietern, als auch Mietern dringend anzuraten, sich rechtzeitig anwaltlich über ihre Rechte und Pflichten beraten zu lassen.
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