Allgemein
Aktuelles zum Gebrauchtwagenverkauf
Wer regelmäßig die Rechtsprechung der Obergerichte, des Bundesgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes verfolgt, stellt schnell fest, dass das Recht nicht in Stein gemeißelt ist, sondern einem fließenden Prozess unterliegt. Was etwa im Rahmen der Vertragsgestaltung gestern noch für rechtlich möglich und zulässig gehalten wurde, kann heute schon durch eine aktuelle Entscheidung eines Gerichts überholt sein. Als ein Musterbeispiel hierfür kann eine Entwicklung gesehen werden, wie sie sich bei der Beurteilung von Klauseln zu Gewährleistungsfristen in Kaufverträgen über gebrauchte Fahrzeuge zwischen Verbrauchern und Gebrauchtwagenhändlern ergeben hat.
Zum Hintergrund folgendes:
Schließt ein Verbraucher einen Kaufvertrag mit einem Unternehmer, sehen die gesetzlichen Regelungen besondere Schutzvorschriften vor. Diese betreffen u.a. die Länge der Gewährleistungsfristen, innerhalb derer der Verbraucher Ansprüche wegen Mängeln geltend machen kann, die bereits bei Übergabe der Kaufsache vorhanden waren. So ergibt sich aus der seit dem 01.01.2018 geltenden Fassung des § 476 Abs. 2 BGB zwar, dass Verbraucher und Unternehmer Vereinbarungen über die Dauer der Gewährleistungsfristen treffen können. Bei neu hergestellten Sachen darf jedoch keine Verjährungsfrist von weniger als zwei Jahren vereinbart werden. Bei gebrauchten Sachen darf die Gewährleistungsfrist nicht weniger als ein Jahr betragen. In Anknüpfung hieran hat der gewerbliche Kfz-Handel regen Gebrauch von der Möglichkeit gemacht, die Gewährleistung auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf ein Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes zu beschränken. Dementsprechend haben sich viele Händler, soweit es ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen betrifft, an den über Jahre hinweg verwendeten “unverbindlichen Empfehlungen des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V.” orientiert. Diese sahen gerade eine Verjährungsfrist von einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes vor. Folge war, dass Verbraucher Gewährleistungsrechte regelmäßig binnen Jahresfrist gerichtlich geltend machen mussten. Zugleich enthielten sie eine Regelung, wonach die vorgenannte Regelung nicht für Ansprüche auf Schadensersatz gelten solle.
Während diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen über mehrere Jahre unbeanstandet geblieben sind und einer Vielzahl von Verträgen zugrunde lagen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) schließlich mit Urteil vom 29.04.2015, dass die entsprechenden Regelungen in der konkreten Fassung unwirksam seien, da sie insich widersprüchlich seien und somit ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vorliege. Grund hierfür war, dass nach Ansicht des erkennenden Senats für den durchschnittlichen Kunden nicht ersichtlich gewesen sei, ob Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Pflicht des Verkäufers zur Nacherfüllung bereits nach einem Jahr oder aber erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren nicht mehr geltend gemacht werden können.
In der Folgezeit war man darum bemüht, neue Klauseln zu formulieren, die die Gewährleistungspflicht des Händlers weiterhin auf ein Jahr beschränkten, im Übrigen aber den Anforderungen des BGH an die Verständlichkeit einer Klausel genügten. Während diese Klausel zunächst von der Rechtsprechung auch als wirksam anerkannt wurde, dürfte dies nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.07.2007, Akt.-Z. C-133/16, letztlich nicht mehr der Fall sein. Auf Vorlage eines belgischen Gerichts hat der Europäische Gerichtshof auf folgendes hingewiesen:
So sei in der EU-Richtlinie, die auch den Vorschriften des BGB zugrunde liege, zwischen zwei Arten von Fristen zu unterscheiden. Zum Einen sei eine sogenannte Haftungsfrist zu berücksichtigen, die sich auf den Zeitraum beziehe, in dem das Auftreten eines Mangels die Haftung des Verkäufers auslöse und damit erst zur Entstehung der entsprechenden Rechte führe. Zum Anderen gebe es wiederum die Verjährungsfrist, die dem Zeitraum entspricht, in dem der Verbraucher seine Rechte, die während der Haftungsfrist entstanden seien, tatsächlich gegenüber dem Unternehmer ausüben könne. Der Europäische Gerichtshof legt hierbei die zugrundeliegende Richtlinie ausdrücklich dahingehend aus, dass nur die erstere Frist, nämlich die Haftungsfrist, auf ein Jahr verkürzt werden könne, nicht aber die Verjährungsfrist. Im Ergebnis wird dies dazu führen, dass künftig Gebrauchtwagenhändler beim Abschluss eines Verbraucherkaufvertrages die zweijährige Verjährungsfrist akzeptieren müssen, im Gegenzug der Verbraucher Ansprüche innerhalb von zwei Jahren ab Übergabe wird geltend machen können. Lediglich die Haftungsfrist wird auf ein Jahr verkürzt werden können.
Die weitere Entwicklung dieser Angelegenheit, insbesondere die Frage der rechtssicheren Anpassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bleibt zunächst abzuwarten. Sowohl betroffenen Kunden, als auch Unternehmern, die in diesem Bereich tätig sind, kann im Zweifelsfalle nur angeraten werden, sich anwaltlich beraten zu lassen.
Comments are closed